299 Töpferei — Allgemeines
Dazu kommen noch die zahlreichen Auktionskataloge aus Köln, Berlin, München,
Paris, London usw. mit vielen tausend Abbildungen. Dieses letztere Material muß
allerdings mit Vorsicht benutzt werden, da die Echtheit der zum Verkauf gestellten
Stücke sehr selten feststeht. Immerhin bereichern diese Illustrationen unsere Kenntnis
über die ungeheure Vielseitigkeit der Ausführungsarten.
Die chinesische Literatur haben besonders Julien,!) Hirth,2) Bushell, ®)
Laufer ©) und vereinzelt auch andere Autoren, wie Brinkley,?) bearbeitet, aber diese
interessanten Studien beschäftigen sich mehr mit der Geschichte und Technik, be-
sonders mit den verschiedenen Produktionsstätten und den chinesischen Bezeich-
nungen für die Farben und Formen als mit der stilistischen und ästhetischen Würdi-
sung der Objekte.
Es entspricht der kleinlichen und äußerlichen Anschauungsart der späteren
Chinesen, die Unterschiede der einzelnen Gattungen an Äußerlichkeiten zu erklären,
aber nicht den inneren Zusammenhang und die Entwicklung der Stile zu beachten.
So geben die Schriften für die beliebten Grundtöne des grünen Seladon oder der roten
Farbe eine Fülle von Varianten vom hellen Seegrün bis zum tiefen Olivgrün und vom
Blutrot bis zum Pfirsichrosa an, und spezielle Variationen werden nach Gleichnissen
in der Natur, wie zwiebelgrün oder rot wie die Leber des Pferdes, beschrieben.
Wir aber können mit diesen Angaben gar nichts anfangen. Eine Bestimmung des
einzelnen Stückes in bezug auf die Zeit der Herstellung oder auf die Fabrikationsstätte
nach diesen Angaben ist völlig unmöglich, auch besonders, weil nach diesen Be-
schreibungen in den letzten Jahrhunderten unzählige Nachahmungen ausgeführt
worden sind.®) Unter den blauen Farben wird ein Blau ‚‚wie der Himmel nach dem
Regen“ gerühmt, aber der Himmel sieht im Norden Chinas ganz anders aus als im
Süden, wie er auch bei uns anders gefärbt ist als in Italien, und außerdem hat
gerade diese Stelle eine große Verwirrung angerichtet, weil gar nicht reines Blau
gemeint war, sondern eine bläuliche Abweichung der sonst stets grünen Seladonware.
Charakteristisch für diese Art ist auch die erste Erwähnung des richtigen Blau.
Im 15. Jahrhundert wird von einem „mohammedanischen‘“ (westasiatischen) Blau
gesprochen, dessen Schönheit durch das einheimische Blau nicht ersetzt werden
könnte. Kein Originalstück ist einwandfrei nachgewiesen, um zu zeugen, wie dieses
Blau ausgesehen hat; und in der Literatur wird nicht einmal angegeben, ob es hell
oder dunkel, rötlich oder gelblich war. Der Chinese der damaligen Zeit hatte nur
eine ganz begrenzte Fabrikation, deren Kenntnis er voraussetzte, und er erwähnte
nur die nebensächlichen Eigenschaften zur Unterscheidung. Heute können wir daraus
sehr wenig folgern, denn in den letzten Jahrhunderten bildete die sorgfältige Nach-
ahmung der alten Stücke in Form, Farbe und Signierung einen wesentlichen Teil der
Fabrikation. Und ob Originale der besten alten Qualitäten, die der großen Wert-
schätzung entsprechend nur in kleinen Quantitäten damals hergestellt worden sind,
noch existieren, ist kaum wahrscheinlich, sicher außerhalb Chinas nicht nachweisbar.
1) Julien, Histoire et fabrication de la porcelaine Chinoise, Paris 1856.
2) Hirth, Ancient porcelain, a study in Chinese mediaeval industry and trade,
München 1888. — Hirth, Chinesische Studien, München 1890, S. 44: Die chinesische
Porzellanindustrie im Mittelalter.
3) Bushell, Chinese art, Bd. II, London 1906 — s. S. 220, Anm. 2, Tao Shuo.
#) Laufer, Chinese pottery of the Han Dynasty, Leiden 1909.
5) Brinkley, Japan und China, Bd. IX China, Ceramie art.
6) Bushell, Chinese art, Bd. II, S.13: Eine offizielle Beschreibung der Provinz
Kwantung (Kuang tung t’ung chih, Bd. li), die unter Kaiser Yung Cheng (1723—1736)
gedruckt ist, sagt: „Alle Töpfer, die hier arbeiten, sind Eingeborene in der Provinz
Fukien, die nichts weiter als Nachahmungen der alten Seladonware aus Lung ch’üan
machen und dabei nicht in bester Qualität.“