Full text: Die Baukunst. Das Kunstgewerbe: Bronze, Töpferei, Steinarbeiten, Buch- und Kunstdruck, Stoffe, Lack- und Holzarbeiten, Glas, Glasschmelzen, Horn, Schildpatt, Bernstein und Elfenbein (Band 2)

Dachziegel — Schriftdekor 233 
eine neue Kunstform schafft. Die freie, sichtbare Ziegelscheibe verlangte eine Ver- 
zierung, aber man wählte nicht die neutrale Ornamentik der bronzenen Kultgefäße 
oder Spiegel, sondern nach alter Chousitte brachte man Sinnsprüche an, die dem 
Hause Glück bringen sollten, oder — wie einst auf den Ziegeln der mesopotamischen 
Bauten des Altertums — die Namen des Palastes oder seines Erbauers. Hieraus 
entstand eine rein nationale Schriftornamentik, die wichtiges Studienmaterial für 
die alte Siegelschrift gibt. Von den in der Literatur erwähnten kaiserlichen Palästen 
zeigt uns die Fundstelle einzelner beschrifteter Ziegel den vermutlichen Platz des 
Bauwerkes an, während aus den in den Annalen datierten Bauten das Alter des 
Ziegels festgestellt wer- 
den kann. Heute werden 
den modernen Ziegeln 
nur Ornamente und 
Tierköpfe aufgepreßt. 
Neben den vielen 
hundert Schriftziegeln 
gibt es nur sehr wenige 
mit bildlichen Darstel- 
lungen. Menschenbilder 
fehlen ganz. Vögel, die 
oft in origineller Art der 
Kreisfläche eingepaßt 
sind (Abb. 376, «—-m), 
werden bevorzugt; ein- 
mal habe ich auch die 
Darstellung von Pferden 
(h) in sehr roher Aus- 
führung gefunden. Diese 
Art der Dekoration 
kommt in der Bronze- 
technik der Hanzeit 
nicht vor und ist für 
die Ziegel eigentümlich. 
Hier sehen wir auch 
die für alle Dekorationen Abb. 377 Kreisförmige Vorderplatten von Abschlußziegeln des Daches; 
. glasierter Ton mit Relief. a 15,5 em, dunkelbraun, Zeichen in Schnörkel- 
der Hanzeit charakte- schrift: „Habe immer viel Glück“, b und ce 15,5—15,8 em, Inschriften mit 
a n 5 doppelsinnigem Wortspiel, braun, d 14,8 em, hellgelb, stilisierter Vogel. 
ristische Füllung der Hanzeit, 206 v. Chr. bis 221 n. Chr. 
ganzen Fläche 3 gleich- (Aus: Laufer, Chinese Pottery of the Han Dynasty) 
gültig, ob in Streifen 
oder in Kreisform. 
Die eigenartige, runde Ziegeldekoration wurde besonders seit dem 18. Jahr- 
hundert ein beliebtes Verzierungsmotiv auf Stickereien, Tapeten, Metallarbeiten!) 
(s. 8. 127) und ähnlichen Gebrauchsgegenständen. 
Die Hantöpfereien unterscheiden sich von allen Arbeiten der früheren und 
späteren Zeit. Sie dienen dem Hausbau, Gebrauchs- und Kultzwecken. Die Toten- 
beigaben wurden naturalistisch, aber primitiv ausgeführt. Die Gefäße wurden den an- 
tiken Bronzen nachgebildet, und durch fremdländische Reliefs mit wenigen typischen 
Motiven, wie Jagd, Tiger und ähnlichem verziert. Zum ersten Male wurde eine 
Menschenfigur dargestellt, aber nur der Bogenschütze auf der Jagd in typischer Form. 
Die runden Dachziegel schafften einen eigenen nationalen Stil der Schriftornamentik. 
  
c d 
1) Das Motiv der drei fliegenden Vögel (Abb. 376, m) erinnert an Stichblatt- 
verzierungen bei den Japanern, 
 
	        
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