244 Töpferei — Sungzeit
Die Bronzevasen der nachchristlichen Zeit hatten unter westasiatischem Einfluß
eine graziöse Linienführung und dadurch eine weniger monumentale als elegante, in
sich geschlossene Form erhalten. Dieses Vorbild war von großem Einfluß auf die Ge-
staltung der Tongefäße in der Sungzeit. Auch die antiken Kultgefäße wurden unter
diesem Einfluß in mehr abgerundetem Linienflusse nachgebildet. Soweit unser vor-
liegendes Material reicht, können wir einen ganz bestimmten Formenstil für die
Sungzeit erkennen.
Ebenso wichtig wurde das Vorbild für die Wahl der Farbe. Seit altersher
wurden die Nephritsteine in ihren Färbungen von Weiß bis Dunkelgrün geschätzt,
Die glatte, glänzend polierte Fläche mit dem Reflexspiel des Lichts auf der Wölbung
der Gefäße entzückte das Auge des Chinesen und galt als höchste ästhetische Wirkung.
Das Auge war geschult, die Nüancen der Farben in den feinsten Abstufungen zu
unterscheiden. Den grünen Nephritglanz im Glasurfluß nachzubilden, galt als ästheti-
sches Ideal der Töpfer. Die grünlichen Töne erhielten im 18. Jahrhundert von den
Franzosen nach einem stets im grünen Anzug auftretenden Schäfer in d’Urfes Novelle
„L’Aströe“, die sowohl als Buch als auch auf der Bühne seinerzeit großen Erfolg hatte,
den Beinamen „Seladon“. Diese Farben wurden so volkstümlich, daß man die
Zeit bis zur Mingdynastie (1368) die Seladonzeit genannt hat.
Das leuchtende Grün in seinen Abstufungen vom hell Seegrün bis zum Dunkel-
oliv, im bläulichen bis rötlichen Schimmer, ist nicht zu verwechseln mit den schmutzig
dunkelgrünen Glasuren der Hanzeit. Dort war eine dünne Haut aufgetragen, deren
irisierende Reflexe erst nachher durch die Einflüsse von Säuren und Wasser entstanden,
während hier eine dicke, glänzend gefärbte Glasurmasse den Scherben überfloß.
Neben Grün in allen Variationen kommt selten Weiß, noch seltener Violett
und ganz vereinzelt Schwarz vor.
Die oft natürlichen Unreinheiten der Glasurmassen mit Eisenspuren erzeugten
schmutzigbraune und fast schwärzliche, auch rötliche und gelbliche Färbungen, die
| ihrer leichten Herstellung wegen auch in Japan nachgeahmt und dort zu einer
reizvollen Vollendung gebracht wurden. In China selbst und in der übrigen Welt
wurde nur das Grün begehrt, das Japan ebensowenig wie Weiß oder Violett nach-
zumachen verstand.
Die Herstellung der Farben blieb stets die größte technische Schwierigkeit, und
auf ihr basierte die Möglichkeit des Monopols, das China mit der Seladonware lange
Zeit ausgeübt hat. Auch können wir an den Farben gewisse Zeiten der Herstellung,
mindestens das erste Vorkommen bestimmter Arten feststellen. Das reine Blau, Rot
und Gelb kam erst in der Mingzeit auf und ist in der Sungzeit, wie es scheint, nicht
hergestellt worden. Die oben (8. 238) zitierte Stelle, von Töpfereien in Blau „wie der
Himmel nach dem Regen‘, aus der Tangzeit, die viele Irrtümer hervorgerufen hat, haben
wir bereits als blaugrüne Nüance, also als eine Tönung des Seladons kennen gelernt.
Während das Braun durch die häufig vorkommenden natürlichen Beimengungen
von Eisenspuren erzeugt wird, ist für die grüne Färbung Eisenoxyd notwendig,
und erst später scheint Kupferoxyd angewendet zu sein. Diese Mischung kommt in
der Natur kaum vor und muß künstlich durch Beimengung in bestimmten Prozenten
bereitet werden. Das Vorbild der oxydierenden Bronze dürfte zu der Anwendung von
Kupferoxyd geführt haben. Was wir heute durch chemische Analysen genau fest-
stellen und messen können, mußte damals durch den Zufall herausgefunden werden.
Die Herstellung der chinesischen Töpfereien geschah als Hausarbeit in
kleinen Öfen, und die Zusammensetzung der Materialien und Farben wurde als
Fabrikgeheimnis einzelner Familien bewahrt. Daher war es möglich, eine Massen-
herstellung seltener Farben auszuschließen. Die Chinesen kannten allgemein nur
wenige Grundelemente, und alle Nüancen wurden durch Experimente erreicht.
Wenn einzelne Farben, wie Weiß, Violett oder Schwarz, glücklich gelangen, so