Farbiges Steingut — Dachziegel — Kacheln — Mingstil 967
Der Ruhm dieser Fayencen drang nicht nur bis Japan, sondern auch bis
weit nach dem Westen. Während von dort neue Techniken und einzelne Formen
eine befruchtende Wirkung auf den Osten ausübten, wurde im 15. Jahrhundert ein
chinesisches ‚„Porzellan“-Haus vor den Toren von Samarkand errichtet. Mit un-
geheuren Kosten wurden nicht nur die Außenwände, sondern auch die Innen-
einrichtung, die Zwischenwände und selbst der Fußbodenbelag und alle anderen
Schmuckstücke aus China hingebracht. Nichts ist erhalten, denn die Uzbeks haben
bei dem Vordringen gegen Samarkand alles in kleine Stücke zerschlagen.!)
Die Verzierungen dieser Zeit: zeigen alle charakteristischen Eigentümlichkeiten
einer Renaissance. Die reichen Motive der Tangperiode, sowohl die hellenistisch-
buddhistische Ornamentik der Steinreliefs (Bd. I, Abb. 87) als auch die eleganten
Tierdarstellungen auf den Bronze-
spiegeln finden wir verwertet. Die
Verzierungen ordnen sich nicht mehr
bescheiden der Gesamtwirkung unter,
sondern drängen sich als besonders
betonte Einzelheiten hervor. Nicht
mehr schafft der Künstler
aus der Fülle seiner Phan-
tasie angepaßte Schmuck-
elemente, sondern der Hand-
werker reiht die vorhande-
nen Motive zur Füllung der
Flächen aneinander... und
bemüht sich, durch: poin-
tierte Ausführung in scharfem
Relief und bunten Farben
eine reiche Wirkung zu er-
zielen. Dieser Stil blieb
maßgebend für den moder-
nen Geschmack der Mingzeit,
soweit‘ es sich nichts um
direkte Kopien älterer
Arbeiten handelt:
‚Die gleiche Art der Betonung
des Einzeldekor unter Vernachlässi- Abb.405 Topf mit vertieftem Relief, fahlgelb und grün-
des h isch Z liehblau auf schwarzem Grund, Farben auf Biskuit,
gung ‚es armonıschen Zusammen- Lotos und Vögel am Wasser nach Malerei, Sammlung
ir 1 Salting, London, 16. Jahrhundert
klanges des Ganzen finden y n allen (Aus; Dillon, Chinese enamelled Porcelain, Burlington
nachahmenden Stilen bei sämtlichen Magazins, u 1908)
„ : . 01: . Text s. S. 268
Völkern. Die leicht faßliche Einzel- .
form und nicht der innere Geist der
Gesamtkomposition wird nachgebildet. Genau die gleiche Auffassung charakterisiert
die erstarrende Tradition der Mingzeit, aber in dem Streben, elegant, reich und kräftig
zu wirken, wurden immer neue Mittel und Formen ersonnen und von überall her nach-
geahmt. Es entstand eine Virtuosität in der Technik, wie sie die alte Zeit nicht kannte.
1) Blochet, Les origines de la peinture en Perse, Gazette des beaux Arts. 1905
S.120. — Verkehr zwischen Persien und China besonders freundschaftlich unter Sah
Rokh Mirza, dem Nachfolger von Tamerlan (gest. 1405). Nach persischem Bericht im
Matla es Saadein vom berühmten Historiker Abd er Rezzak Samarkandi heißt es, daß
der Sultan Mirza Oulong Beg Mourkan, der berühmteste Astronom von Iran, an den
Toren seiner Hauptstadt Samarkand ein kleines Porzellanpalais errichtete, das mit
großen Kosten aus China importiert wurde,