270 Töpferei — Mingzeit
wurden. Erst in der’ modernen Zeit, in der Sammlerlaune und Geschäftsvorteil stets
neue Moden verlangten, entstand eine Überschätzung dieser Stücke, die sich
trotz ihrer malerischen Reize qualitativ mit den Meisterwerken der Porzellantechnik
nicht messen können.
Zu beachten ist, daß uns hier zum ersten Male ein reines Blau, ‚Türkis-
blau“, begegnet. Ungefähr gleichzeitig kam, wie wir später sehen werden, der
Zellenschmelz auf, dessen Grund ebenfalls das bisher unbekannte Türkisblau bildet.
Daß die Technik des Zellenschmelzes aus dem Westen kam, steht fest, und ich glaube,
daß die sehr ähnliche Zellenmalerei auf dem Tonscherben mit dem gleichfarbigen
Grunde auch diesem fremdländischen Einflusse seine Anregung verdankt. Aller-
dings beweist die Vollendung der rein chinesischen Bilddekoration — im Gegensatz
zur Verzierung bei dem Zellenschmelz —, daß hier nur die Anresung, nicht das
Vorbild aus dem Westen gekommen sein kann.
Eine Weiterbildung dieser Technik zeigt eine Vase (Abb. 408), deren Oberfläche
einem Stoffmuster der Tangzeit nachgebildet ist. Bushell hat die Vase nach der
Technik der Mingzeit zugeschrieben, ich möchte jedoch nach dem Stil der schlanken
und wenig graziösen Silhouette und der geistlosen Anpassung des Dekors an die
Fläche eine spätere Zeit der Herstellung vermuten.
Porzellan
Blaumalerei unter der Glasur. — Entstehung und fremder Einfluß
Um der Bildmalerei. auf dem Scherben Halt und Glanz zu geben, war es not-
wendig, eine durchsichtige, im Feuer gehärtete Glasur über die Malerei als Schutz-
mittel zu ziehen. Diesen ungefärbten, reinen Glasfluß lernten die Chinesen im Westen
Asiens kennen, wo seit den Römerzeiten die Glasproduktion nie aufgehört hatte.
Wie wir im Kapitel: über Glas sehen werden, brachten chinesische Schiffe 1430
aus Arabien Glasbläser mit. Es ist sicher kein Zufall, daß die Entwicklung der
Glasfabrikation mit der Einführung der durchsichtigen Porzellanglasur zeitlich
zusammenfällt.
Blaue Farben waren in China bereits vorher bekannt, aber in durchaus
minderwertiger Qualität hergestellt. Die Handelsverbindungen mit dem Westen Asiens
brachten im Beginn des 15. Jahrhunderts einen neuen Farbstoff von besonderer Schön-
heit, der als ‚Mohammedanerblau‘ den Weltruf der Blaumalereien aus der Mingzeit
begründete. Als die Handelsverbindungen aufhörten und die Zufuhr dieses Blaues um
1470 versiegte, da war es nicht möglich, einen gleichwertigen Ersatz im Inlande zu
finden. Die Zufuhr von Mohammedanerblau wurde im Anfange des 16. Jahrhunderts
wieder erlangt, aber um die Mitte desselben Jahrhunderts endgültig verloren. — Alle
sonstigen Farbstoffe, auch Kobalt, das später von den Europäern importiert wurde,
erzeugten ein gutes, aber, nach chinesischen Angaben, nicht gleichwertiges Produkt.
Wie dieses Mohammedanerblau ausgesehen hat, wissen wir nicht. Wie man später
fortgesetzt bemüht blieb, beste blaue Qualitäten zu erzeugen, werden wir in der
Khanghizeit sehen.
Woher kam das Blau? Der Koran hatte die Benutzung von Edelmetall, dem
Kunstmaterial zur Zeit der Sassanidenherrscher, für Gebrauchsgeräte verboten. Viel-
leicht ist das der tiefste Grund dafür, daß die mohammedanische Welt im Westen
Asiens dem bisher unscheinbaren Materiale der Töpferei die größte Sorgfalt zuwendete.
Die antiken Techniken des Glasflusses und des gefärbten Scherbens nahm man auf
und schuf eine eigene neue keramische Kunst, die in den Fayencen des 12, und
13. Jahrhunderts ihre Blütezeit erlebte. Wir pflegen heute, nach den zufälligen
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