Full text: Die Baukunst. Das Kunstgewerbe: Bronze, Töpferei, Steinarbeiten, Buch- und Kunstdruck, Stoffe, Lack- und Holzarbeiten, Glas, Glasschmelzen, Horn, Schildpatt, Bernstein und Elfenbein (Band 2)

  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
286 Töpferei — Mingzeit 
Emaillefarben über der Glasur 
15. Jahrhundert 
Wann zuerst farbige Emaillefarben, also Mischungen von Bleisilikaten mit 
Metalloxyden, hergestellt worden sind, steht nicht fest. Wie bei allen anderen 
keramischen Techniken der zahlreichen kleinen Hausbetriebe, dürfte auch hier nicht 
plötzlich die vollendete Erfindung auf den Markt gebracht worden sein. In jahr- 
zehntelangem Experimentieren und in den durch die Verschiedenheit der Materialien 
und Feuergrade geschaffenen Zufälligkeiten wurden allmählich immer neue Wir- 
kungen und technische Fortschritte erzielt. Weiter gefördert durch die wachsende 
Nachfrage, sind dann schließlich jene noch heute bewunderten Leistungen entstanden. 
An den Kacheln der „Porzellanpagode“ zu Nanking (Abb. 404) aus dem 
Jahre 1410 fanden wir bereits die Grundfarben Grün, Gelb und Weiß in völliger tech- 
‚nischer Beherrschung auf den weichen Scherben im zweiten Brande bei niedrigerer 
Temperatur aufgebrannt. In ähnlicher Technik waren bereits im 12. Jahrhundert 
grüne Farben auf den nach Kioto gelieferten harten Steingutscherben der Dachziegel 
verwertet (8. 265). Diese Technik wurde in verbesserter Farbenqualität auch auf den 
weißen Porzellanscherben angewendet. 
Die Blaumalerei unter der Glasur hatte die traditionellen Grenzen des von den 
antiken Bronzen übernommenen Stiles gesprengt. Mit den bunten Farben drangen 
auch neue Verzierungsmotive ein. In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts bleibt 
die Erinnerung an die Bronzeform noch lebendig, aber bald entsteht ein ganz eigener 
keramischer Stil. Die Technik war reif geworden, um alle Vorbilder der Natur, 
Früchte und Blumen, Architekturen und Gemälde nachzubilden. 
Kein Original ist aus dieser Zeit erhalten. Die umfangreiche Literatur Europas 
erwähnt keine Arbeit dieses Stiles; selbst die japanische Literatur schweigt, und, 
was am merkwürdigsten ist, auch in chinesischen Schriften finden wir keine genauen 
Beschreibungen. Um so dankbarer müssen wir Bushell, dem verdienstvollen Forscher 
und großen Kenner chinesischer Porzellane, sein, der noch kurz vor seinem 
  
TafelX, Porzellane, 15. Jahrhundert 
Kaiser Hsüante, 1426— 1438: a Schale auf hohem Fuß — Tazzaform — mit drei Fischen in tiefem Rot auf 
„Weiß wie geronnenes Fett, so rein in der Farbe wie frischgefallener Schnee“, 8 cm hoch, glatter Boden, ge- 
zeiehnet: Hsüante, b Wassertropfer in Form zweier roter Dattelpflaumen an durchbohrtem Stengel als Aus- 
fluß, nach antiker Bronze geformt, die Farben „nach einer Malerei von Hsü Chungssu aus dem 10. Jahrhundert, 
in Rot, wie frisches Blut“, braun und grün, 10 em breit, e Opfergefäß, nach antiker Bronze, 11/2 em breit, 
„weißer als frischer Schnee, Mohammedanerblau, mit kleinen Erhebungen wie Hirsekörner an der Malerei“, 
d Schale aus dem Palast, 18 cm breit, eingraviert fünfklauige Draehen, darüber rote „sang de boeuf-Glasur, 
roter als frisches Blut“, innen weiß, Boden eingravierte Signatur unter der Glasur, e konische Weintasse mit 
antikem Drachen, 81/2 em breit, „weiß wie Hammelfett, mit aufgemalten Spiralen wie sturmgepeitschtes Herbst- 
meer, blau und rot wie frisches Blut“, im 16. Jahrhundert in Sammlung des Gouverneurs Hsü von Nanking, 
Wert 100 Taels, £f Schale in Form wie «a, 9 em hoch mit drei Paar Pfirsichen in tief Ku pferrot unter der Glasur, 
im 16. Jahrhundert im Besitz des Obereunuchen Li in Peking, es existierten nur drei oder vier ähnliche Stücke, 
.& Weihgefäß mit fischförmigen Henkeln, nach antiker Bronze, 8 em hoch, mit hirsekornartigen Erhebungen, 
tiefrot, unten weiß, im 16. Jahrhundert für 1000 Taels Silber kein zweites Stück zu finden, im Besitz des 
Gouverneurs von Nanking, der es für 300 Silbertaels von einem Prinzen kaufte, der es aus dem kaiserlichen 
Palast erhalten hatte. 
Kaiser Chenghua, 1465 — 1488: Porzellane, h Weintasse in Form einer Magnolienblüte, 7 em breit, 
violett, grün und braun, innen weiß, im Tempel zu Nanking, i Runde Büchse für Farbschminke einer kaiser- 
lichen Palastdame, 4!/e em breit, gelbe Glasur mit blauen Ornamenten, &k Kleine Weintasse in Form einer 
Chrysanthemumblume, 61/2 em breit, gelb, grün und braun, 1 Weintasse mit flachem Boden, 4 em hoch, 
Hahn und Henne mit Pflanzen in Emaillefarben gemalt, Scherben ganz dünn und durchsichtig, Eierschalen- 
porzellan, m, n Weintassen mit Insekten und Blumen, 41/2 em hoch, in Emaillefarben, dünner Scherben, 
Eierschalenporzellan, im 12. Jahrhundert in der Sammlung des Generals Huang, Nanking, damals 100 Stück 
Silber wert, o Schale wie a mit Weintrauben und Blättern, S cm hoch, in Emaillefarben, braun, grün und 
violett auf Grauweiß, im 16. Jahrhundert für 10 große Ingots-Silver — etwa 100 Taels Silber — 100000 cash. 
vom Präfekten Hsü gekauft, p Weintasse in Form einer Baumrinde, 5!/2 em breit, rötlichbraune Emaillefarbe 
mit tieferer Farbe gezeichnet. 
Kaiser Hungchih, 1488-1505: Porzellan, q Weinkanne in Gurkenform mit Stengel und Blättern in 
Relief, 13 em hoch, blaßgelb mit Braun und Grün. 
Durehscheinende Fayence, Kaiser Chengte, 1506-1522: r, s Teekannen, gemacht von Kung- 
chun in Yihsing, im 16. Jahrhundert für 500 Silbertaels gekauft, wenn Tee eingegossen, schimmert die Farbe 
durch, r 13 em hoch, Rot wird grün, s 11 em hoch, Braun wird grün (Text s. S. 265) 
(Aus: Bushell, Chinese Porcelain, XVI. Century) 
  
  
  
  
  
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.