290 Töpferei — Mingzeit
Hsiang erzählt, daß die Vorlagen für das kaiserliche Porzellan im Palast
von Künstlern entworfen wurden. Man liebte das Übertragen geschätzter Ge-
mälde auf Porzellan. Wir finden Pflanzen der verschiedensten Art, Enten im Wasser,
Libellen (Taf. X, n), Grashopser (m), aber auch Figurendarstellungen, nur fehlen alle
buddhistischen oder historischen Figurenmotive. Bei allen Arbeiten wird die lebendige
Bewegung der Darstellung gerühmt, die später nie wieder erreicht sein soll. Wir
sehen also die gleichen Vorzüge der farbigen Malereien wie bei den Blauweiß-
Porzellanen. Nicht Handwerker übertrugen typische Vorlagen mechanisch auf die
Gegenstände, sondern Künstler paßten Malereien der Fläche an.
Auf den abgebildeten Stücken des Hsiang-Kataloges finden wir neben Blau und
Rot unter der Glasur an Emaillefarben: Grün, Gelb, Rot, Violett und Braun.
Fraglich bleibt, ob weiße Muster durch Farbenauftrag
oder durch Gravierung im Scherben hergestellt worden sind.
Aus den überlieferten Verzeichnissen über die Bestellungen
des kaiserlichen Hofes bei den Fabriken zu Chingtechen
lernen wir noch weitere Farbenkombinationen kennen.
Damals soll auch jene Art der Dekoration auf-
gekommen sein, bei der die Emaillemalerei nicht die
ganze Fläche deckte, sondern gewisse Medaillons oder
Reserven freiließ, auf denen in anderen Farben Zeich-
nungen angebracht wurden (Abb. 425). Am bekanntesten
sind Blaumalereien unter der Glasur in abgepaßten
Formen, deren ganzer Zwischenraum mit gelber Emaille-
farbe sorgfältig abgedeckt ist, auch umgekehrt wurde
die Zeichnung in gelber Emaillefarbe ausgeführt und der
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Zaun) Körper des Gefäßes in Blau gehalten.
Dyg Gleichfalls gelang es, tiefes Schokoladenbraun her-
Anl Mob Deskolväke Ber zustellen. Auch das Auflegen von weißer Masse, die mit
zelan nn a Blau zusammen unter der Glasur gebrannt wurde, kam
farbe, mit ausgesparten damals auf. Sobald Blau unter der Glasur angewendet
Bl daillons, Kaiser So:
Klakine, Re ysatee, wurde, mußte zu Erlangung der durchsichtigen Glasur
eo zunächst bei hoher Temperatur der Brand ausgeführt
(Aus: Favier, Peking)
werden, und die Emaillefarben wurden über die Glasur
bei niedriger Temperatur aufgebrannt. Auch scheint schon
damals die im 17. Jahrhundert gepflegte Füllung des Grundes mit einer direkt auf
den unglasierten Scherben aufgebrannten Farbe stattgefunden zu haben.
Die Anbringung der alten Marken auf Stücken der Mandschuzeit läßt Vorbilder
aus der Mingzeit vermuten. Doch nichts ist erhalten, und da Hsiang in seinem Kata-
log kein Beispiel gibt, so können wir den Beginn aller dieser Stile frühestens vielleicht
im 16. Jahrhundert annehmen; aus der Liste der kaiserlichen Bestellung können
wir sie um 1529 als vorhanden feststellen.
Von allen Porzellanen, die in europäischen Sammlungen als Mingarbeiten
figurieren, gehört kein Stück auch nur dem Stile nach der ersten Mingperiode,
dem 15. Jahrhundert, an, außer einigen wenigen Blauweiß-Porzellanen. Wie in
der Malerei (Bd. I, S. 278), so müssen wir auch in der Keramik zwei Perioden der
Mingzeit unterscheiden, deren Grenze um 1500 liegt.