Porzellan — Emaillefarben — 16, Jahrhundert 291
16. Jahrhundert
Unter Chengte (1506—1522) begann wieder die Zufuhr des westasiatischen
Blau, und dadurch wurde die farbige Emaillemalerei etwas zurückgedrängt. Unter
Chiaching (1522—1566) soll hauptsächlich Blauweiß-Porzellan begehrt und her-
gestellt worden sein. In der Bestellung vom Jahre 1529 ist nicht ein buntfarbiges
Stück angegeben. Dann scheint ein Niedergang der Töpferei stattgefunden zu haben.
Je mehr das Porzellan Gemeingut der Massen und je größere Quantitäten für das
Land und den Export angefertigt wurden, desto reicher und überladener wurde
der Stil, desto flüchtiger die Zeichnung, desto glanzloser die Farbe und Glasur. Und
dennoch sind die Arbeiten für den neuen Zweck des täglichen Gebrauchs von be-
wundernswerter Schönheit. Es wurden nicht mehr individuelle Kunstwerke, sondern
geschmackvolle Zweckgeräte in Massenfabrikation geschaffen.
Um ein Bild von der riesigen Produktion zu geben, will ich anführen, daß 1570
vom Kaiserpalast nicht weniger als 805 870 Paare von Porzellangegenständen bestellt
wurden. Es war Massenproduktion, die an Stelle der irdenen Geschirre und Metalle
verwendet wurde. Im Jahre 1583 wird beim Hofe angefragt, ob nicht 4000 Blumen-
vasen, 20 000 Deckelgefäße verschiedener Form und 50000 Krüge mit Deckeln zu
viel wären! Aus dieser Zeit ist noch manches erhalten, aber das meiste hat in den
Augen der Chinesen mehr historischen als künstlerischen Wert. Diese Ware ist es,
die ausschließlich in die Welt exportiert wurde, und die in Europa bekannt und
beschrieben ist.
Selbstverständlich gibt es auch unter diesen Stücken sehr verschiedene Quali-
täten. Aber in bezug auf Sorgfalt der Arbeit und Glasur kommt auch die beste Aus-
führung nicht den Kunstarbeiten des 15. Jahrhunderts gleich. Allerdings übertrifft
sie meist die Arbeiten der letzten Jahrzehnte, mit Ausnahme der oft hervorragenden
Fälschungen aus allermodernster Zeit.
Dem volkstümlichen Geschmack und der internationalen Verwendung ent-
sprechend wurden die aus Persien aufgenommenen Dekorationen (8. 271) bevorzugt.
Stoffe mit Pflanzenmustern bilden ein häufiges Vorbild (Taf. XI, «), das nicht mehr
malerisch in die Fläche komponiert wird, sondern nach Vorlagebüchern, so gut oder
so schlecht es gerade auskommt, zur Flächenfüllung zurechtgestutzt wird. Auf unserer
Abbildung können wir deutlich sehen, wie durch ganz unmotivierte Ansätze von
Schnörkeln und Blattranken ein beliebiges Handwerkermuster der Fläche zwangs-
weise angepaßt ist. Der Endschnörkel ist fast dicker als der am Halse ansetzende
Beginn. Die Form ist plump und erinnert an ältere Steingutformen. Trotzdem wirkt
das Stück technisch in der Farbenabstimmung mit der gekrackten Glasur sehr fein.
Die Marke des 15. Jahrhunderts auf dem Boden läßt allerdings eine jüngere Nach-
ahmung vermuten.
Typisch für die besten Arbeiten der Wanliperiode (1572—1619) sind jene
„Fünffarbenporzellane“ (Wutsaiki), die in Eisenrot, Kupfergrün, Gelb, Violett und
Schwarz oder Braun gemalt sind. Dazu kam Blau unter der Glasur und Gold,
so daß oft in Wirklichkeit sieben Farben angewendet wurden, während der Name
„Fünffarbenporzellan“ im Chinesischen!) beibehalten blieb.
Die Formen (Taf. XI,b) sind meist etwas plump. Wahrscheinlich ist der
Scherben in festen Formen gepreßt und nicht mit freier Hand modelliert. Antike
Bronzen waren beliebte Vorbilder. Die Fläche ist mit bunten neutralen Ornamenten
!) In China haben die Zahlen symbolische Bedeutung, So gehört 5 zu den glück-
bringenden Zahlen, und daher dürfte diese Zahl beibehalten worden sein. Dem Sinne
nach könnte man es vielleicht übertragen „glückbringendes buntes Porzellan“,