294 Töpferei — Kanghizeit
Kanghizeit
(1662—ı723)
Die erste zusammenhängende chinesische „Geschichte der Keramik“ (Tao
Shuo) wurde von Chu Yen (1774) veröffentlicht und bildet noch heute in China eine
wichtige Unterlage für die Forschungen der chinesischen Gelehrten.) Von der
Mingzeit weiß der gelehrte Verfasser nur nach Überlieferungen zu berichten, so daß
der begleitende Text zu dem wiederholt zitierten Katalog des Hsiang für die
Mingzeit des 16. Jahrhunderts sicher ein zuverlässigeres, wenn auch nicht so er-
schöpfendes Material gibt. Dagegen können wir den Angaben aus der Mandschuzeit
um so mehr Vertrauen entgegenbringen, denn Chu Yen war Beamter beim Gouverneur
der Provinz Kiangsi und besuchte persönlich die kaiserlichen Anlagen zu Ching-
techen, die von der Mingzeit an als wesentliche Fabrikationsstätte für kunstvolles
Porzellan in Frage kamen.
Um ein lebendiges Bild von der ungeheuern Produktion und ihrer Vielseitig-
keit zu geben, sei der erste Abschnitt aus diesem Werke über das Jaochou-Porzellan
wörtlich wiedergegeben:
„Unter der gegenwärtigen Dynastie, im elften Jahre (A. D. 1654) der
Regierung des Sun-chih, ließ der Kaiser eine Anzahl großer, mit Drachen ver-
zierter Fischbassins und einige Balustradenornamente herstellen, doch das
Resultat war so wenig erfolgreich, daß er später die Bestellung rückgängig
machte, aus Furcht, er könnte damit das Volk bedrücken.
„Im neunzehnten Jahre (A. D. 1680) der Regierung von Kang-hsi, schickte
der Kaiser einen Beamten des kaiserlichen Haushalts (Neiwufu) in die kaiserliche
Fabrik, um derselben vorzustehen. Bisher waren die besten Arbeiter aus den
verschiedenen Distrikten von Jaochou zusammengeholt worden, das wurde jetzt
geändert. Sowie eine Fabrikstätte eröffnet wurde, wurden auch die Arbeiter
versammelt und die Materialien verteilt. Die Kosten wurden, wenn die Zeit
dazu kam, je nach den Marktpreisen vom kaiserlichen Schatzmeister gedeckt,
Selbst die Kosten der Beförderung wurden nicht mehr von den verschiedenen
Distrikten verlangt. Die örtlichen Beamten wurden in keiner ihrer eigentlichen
Pflichten weiter gestört. Die Beamten sowohl als auch das Volk hatten den
Nutzen davon, und der Herstellungsprozeß wurde wesentlich verbessert.
„In diesen Jahren sind die antiken Opfer- und Kultgefäße, die tsun, lei,
yi, ting, yu und chüo ?) sämtlich in Porzellan nachgebildet.
„Die Bibliothek des Gelehrten wird versorgt mit Palette, Tintenfaß und
Wassertopf; mit der Montierung der Rollbilder, mit Bücherständern und Papier-
beschwerern. Jedes Stück wird seinem Zweck angepaßt. Für den Haarpinsel des
Chung-shan wird erst der Halter gemacht, dann das Bad zum Waschen, eine
Schale zum Darauflegen, ein Gestell, um ihn zu halten, und eine zylinderförmige
Vase, in der er aufrecht steht. Es gibt Kopien der doppelt gerillten und ge-
schnitzten Nephritsiegel der Handynastie, mit Henkeln wie Kamele, Schild-
kröten, Drachen oder Tiger, wie aneinander gekettete Ringe oder Dachziegel;
nebst Kästen für die Siegelfarben, viereckig, rund oder vielseitig. Alle diese
Dinge sind für den Gebrauch des gelehrten Schriftstellers bestimmt.
1) Bushell, Description of Chinese pottery and porcelain, being a translation of the
T’ao Shuo. Oxford, 1910.
2) Alles alte Bronzeformen, die im Pokutulu abgebildet sind, s. S. 97—144.