296 Töpferei Kanghizeit
„Als dekorative Verzierungen werden Landschaften, Sittenbilder, Bilder
von Blumen und Vögeln usw. frei in Umrissen mit dem Pinsel gezeichnet und
in verschiedenen Schattierungen in Blau und Grün ausgetuscht; auch Bilder
von nahen und fernen Ansichten für jede der vier Jahreszeiten nach Gemälden
berühmter Künstler.
„In der Tat, unter all den Kunstwerken in vergoldeter Schnitzerei, ge-
triebenem Silber, geschnitztem Stein, Lack, Perlmutter, Bambus und Holz,
Kürbis und Muschel gibt es nicht eins, das nicht in Porzellan, als vollkommene
Kopie des Originalstückes, nachgebildet wird. Alle einzelnen Zweige des Kunst-
gewerbes, wie in Nephrit von Lu Tzu-kang, in Gold von Lu Ai-shan, in Silber
von Chu Pi-shan, in Rhinozeroshorn von Pao T’ien-ch’eng, in Zinn von Chao
Liang-pi, in Karneol von Wang Hsiao-hsi, in Kupfer von Chiang Paoyun, in
geschnitztem Bambus von P’u Chung-ch’ien, in Perlmutter von Chiang Ch’ien-l
und in japanischem Lack von Yang Hsün ausgeführt, sind gleichsam in der einen
Porzellantechnik zusammengefaßt. Diese offenbart die Geheimnisse der Natur-
kräfte und vollendet die gelehrten Untersuchungen der Forscher, so daß seit
der Erfindung der Porzellanfabrikation keine Periode der jetzigen überhaupt
gleichkommt. Die Gedanken der Arbeiter werden durch nichts zerstreut, ihre
Arbeit ist frei und ohne Steuerbelastung. Die Erde gibt ihre natürlichen Produkte
in steigernder Fülle, ebenso wie die kaiserliche Regierung stärker wird als logische
Folge der Ereignisse.‘
Wir sehen, daß das billige, harte und leicht geformte Porzellan nicht nur das
irdene Geschirr des Tempels und des Hauses verdrängt hatte, sondern auch viele andere
Materialien in geschickter Nachahmung ersetzte. Es würde über den Rahmen meiner
stilistischen Untersuchungen hinausgehen, wollte ich die Vielseitigkeit der Variationen
näher beschreiben. Dies ist auch um so weniger notwendig, weil die meisten Formen
keine Weiterbildung des keramischen Stils bedeuten, sondern nur neue Anwendungs-
arten bekannter Mittel darstellen.
Ein technischer Fortschritt im Scherben und in der Glasur ist in den letzten Jahr-
hunderten im wesentlichen nicht mehr gemacht. Nur die aufgemalten Muster zeigen
einige wechselnde Eigentümlichkeiten, und vor allem die Anwendung oder das Vor-
herrschen gewisser Farben und Techniken läßt einen gewissen Zeitcharakter erkennen.
In den folgenden Ausführungen lasse ich alle Variationen sowie alle Nachahmungen
der älteren Arbeiten völlig unberücksichtigt und beschränke mich darauf, den je-
weilig in Mode kommenden Geschmack in Farbe und Verzierung anzudeuten, ohne
irgendwie erschöpfend zu sein.
Gerade die Zeit der letzten Jahrhunderte ist in so vorzüglichen und umfang-
reichen Sammlungen in Europa und Amerika vertreten, und die Literatur (S. 221)
mit ihren über 3000 Abbildungen befaßt sich so vorwiegend mit den Produkten
dieser Periode, daß jeder Interessent sich ausreichend unterrichten kann.)
1) Eine interessante Aufstellung der erzielten Preise auf einer Auktion bei Christie
in London und auf der berühmten Huth-Auktion, gibt Hodgson (How to identify old
Chinese porcelain, Chicago 1907, 8. 158—163 nach The Connoisseur). Die höchsten
Preise erzielten:
Vasenpaar, 28 cm hoch, blau gepuderter Grund mit Gold und Emaillemalerei der
grünen Gruppe £ 409;
Vase, eiförmig, 45 cm hoch, schwarzgedeckter Untergrund mit Emaillemalerei der
grünen Gruppe, Blumen und Fasane auf Felsen (in Art Taf. XIX, a) £ 2047;
Vase, 27,5 cm hoch, wie vorige auf gelbgedecktem Untergrund (in Art Taf. XIX, b) £900;
Laternen in Eierschalenporzellan, eiförmig, Emaillemalerei £ 1200;
Vase, eiförmig (in Art Taf. XV, S. 305) £ 619.