298 Töpferei — Kanghizeit
Um ein volles Verständnis für die ungeheure Wertschätzung gerade einzelner
Spielarten der in der Masse gefärbten Glasuren in Ostasien zu erhalten, müssen
wir zunächst die Technik der Herstellung verstehen. In der Sungzeit lernten
wir die monochrom gefärbten Glasuren kennen (8. 250), die im wesentlichen
aus Kupfer- und Eisenoxyden grüne und braune Farben im Brande erzeugten.
Varianten, die in den vielen hundert Öfen des Hausbetriebes durch den Zufall der
Mischung, des Hitzegrades und der lokalen Rohstoffe entstanden, gab es zahlreich,
aber eine bewußte Ausgestaltung dieser Sonderheiten scheint erst unter Kanghi
in Mode gekommen zu sein. Galtes früher als höchstes Streben, ein monochromes,
gleichmäßiges Grün auf die Fläche zu schmelzen, so wurden jetzt Abtönungen aller
Art bevorzugt. Sicher waren schon früher viele Farbenvarianten bekannt, aber sie
gehörten zu den Ausnahmen, und eine bläuliche Nüance des Seladongrüns wurde
besonders erwähnt (S. 260). Die entmischten „Schönfellglasuren“ wurden in Japan
der Seltenheit wegen sehr hoch bewertet und in China die roten Glasuren be-
sonders geschätzt.
Die Herstellung der grünen und roten chinesischen Glasuren war lange Zeit in
Europa ein Geheimnis, bis in moderner Zeit sowohl in Sevres als in Berlin ein-
gehende Studien und Experimente angestellt wurden.!) Die Versuche ergaben, daß
mit ein und derselben Glasmasse durch Beimischung von Bruchteilen von Kupferoxyd
(0,5 bis 1 Prozent Kupfergehalt) alle wesentlichen Farben von Grün bis Rot hervor-
gebracht werden können. Die Ursache für den Wechsel der Farbe liegt nicht in der
Mischung, sondern vielmehr-in der richtigen Flammenbeschaffenheit und in der Art
der Flammenzuführung.
Es zeigte sich nämlich, daß ein und dieselbe Kupferoxydglasur während des
Brennens im Ofen nicht allein alle Schattierungen von Schwarz durch Braun zu Siegel-
lackrot und Hell- und Blaugrün durchläuft, sondern auch, daß einzelne Stücke auf
einer Seite anders gefärbt sein können als auf der anderen, je nach dem Durchzug
der Gase (Taf. XIV).
Bei klarem, daher oxydierendem Feuer wird die grüne Seladonfarbe (a) erzielt,
während bei rußiger, daher reduzierender Flamme unter zeitweiser Zuführung einer
oxydierenden Flamme durch den Sauerstoff der Luft die rote Farbe (f) entsteht.
Wäre die Luft nicht zeitweise hinzugeführt worden, so würde die reduzierende
Flamme allein eine durch Kohle dunkel gefärbte, pockenartig vertiefte Oberfläche (?)
erzeugen.
Bleiben im Moment der Erstarrung der Glasur einzelne Rußteile abgelagert,
so kann der Sauerstoff der Luft nicht mehr heran, und es entstehen dann entsprechend
fleckenartige Verfärbungen. Zwar wird der Ruß vom weiteren Brande aufgezehrt,
aber das Kupfer bleibt als Kupferoxydul im Glase sitzen und erscheint rot (b), während
der übrige Teil sich zu Kupferoxyd verwandelt und eine grüne Farbe annimmt. Wenn
umgekehrt im Stadium des Frittens, d. h. der Erstarrung des Glasflusses zu Glas, Luft
herantritt oder vorher eingedrungen war, so ist das Kupfer als Kupferoxydverbindung
in der Glasur vorhanden, und wir haben grüne Töne in der sonst roten Fläche (c).
Während des Brennprozesses kann die flüssige Glasur herabfließen und durch
die Veränderung der Glasurstärke auch verschiedene Färbungen erzeugen. Daß die
1) Ausführliche Darstellung der Versuche s. Münsterberg, Japanische Kunstgeschichte,
Bd. III, 8.86 ff. — Seeger, Über kupferrote und geflammte Glasuren für Porzellane,
Tonindustrie-Zeitung 1890, XIV, 44. — Sehr gute Nachahmungen werden sowohl in der
K. Porzellanmanufaktur zu Berlin wie in Sevres hergestellt. Auf der Brüsseler Welt-
ausstellung 1910 hatte Bernard Moore aus Stoke-on-Trent in England ganz hervorragende,
nach seinem eigenen Verfahren hergestellte Arbeiten in Sang de boeuf, peach blow,
rouge fambe und vernis changeants ausgestellt. Es handelt sich hierbei nicht um Massen-
fabrikation, sondern um einzelne technische Kunstwerke von großem Wert.
A
aa et inetntrER
nt ne
nn ini
nennen