300 Töpferei — Kanghizeit
Bestandteile er aus Mangel an chemischen Analysen gar nicht kannte. Waren die
Lager der Rohmaterialien erschöpft oder blieben die Zufuhren aus irgendeinem Grunde
aus, so konnte es vorkommen, daß aus Unkenntnis der Rohstoffelemente die Her-
stellung einzelner Farbtöne völlig verloren ging. Durch diese Verhältnisse ist es
möglich, die Arbeiten einzelner Jahrhunderte an dem Vorkommen oder Fehlen
gewisser Farben zu erkennen.
Wenn wir zu dieser Unsicherheit in der Glasurmischung noch die Unfähigkeit
der genauen Regulierung des Spiels der Feuerflamme nehmen, so wird es verständlich,
daß bei vielen Tausenden von Töpfereien dieser Art fast jedes Stück verschieden
ist, und nur wenige ganz vollendete Arbeiten in gleichmäßiger Farbe, ohne Flecken
und mit schönem Glanz erzeugt werden konnten. Unter diesen wiederum wurden
von Kennern ganz seltene und besonders edle Farben ausgesucht und als un-
nachahmbare Seltenheiten wie Schätze von kostbarem Werte verehrt. In China
finden wir die reine, fleckenlose Farbe als technisch schwierigste Arbeit höher
bewertet als in Japan, wo die Seltenheit der eigentlich fehlerhaften Maserung fast
ebensosehr geschätzt wurde. =
Selbst mit Hilfe der ganzen Wissenschaft unseres Jahrhunderts ist es nicht
möglich, genau vorherzusagen, wie eine Färbung ausfällt. Die Schaffung von genau
gleichen Gegenstücken ist daher selbst bei ein und demselben Ofenbrande eine
Zufallssache, die fast nie eintritt. An welcher Stelle im Ofen ein Stück steht, ist
bereits von großer Bedeutung. In Wirklichkeit sind diese monochromen Glasur-
arbeiten Naturprodukte, bei denen die Kunst des Menschen wohl unterstützend
eingreift, aber die Vollendung einzig und allein von der Flamme des Feuers
besorgt wird.
Für die seltenen Spiele des Feuerbrandes wurden und werden bedeutende
Preise geboten. So z. B. zahlte erst vor wenigen Jahren Walters in Baltimore für
eine acht Zoll hohe Vase in ‚‚Pfirsichblütenfarbe“ von besonderer Schönheit, aus der
Sammlung des Prinzen Yi, 15 000 Dollar (60 000 Mark). Aber auch in China wurden
und werden sehr hohe Summen gegeben. So berichtet Hsiang in seinem Katalog
aus dem 16. Jahrhundert: ‚Eine Blumenvase mit blaßbläulichgrüner Glasur
(Taf. IX,b) einfach gekrackt, in seltener Form, unzerbrochen, ein Unikum, war
vom General Huang mit 150 000 Cash Kupfermünzen bezahlt worden und war viel
mehr wert; eine Weinflasche (Taf. IX, e), etwa 17 cm hoch, aus der Mingzeit, von
besonders schöner tiefroter Farbe, die von keinem anderen Porzellan erreicht wird,
war für 200 Ingots Silber (nach Bushell ungefähr 12 000 Mark) gekauft worden“
(s. 8. 254, 284).
Hierbei handelt es sich nicht um eine bessere Qualität des Scherbens, der
plastischen Form, der geschmackvollen Dekorierung oder der künstlerischen
Malerei, sondern nur um ein besonders geglücktes Spiel der Feuerflamme, aller-
dings verbunden mit hohem ästhetischem Reize. Die Seltenheit wird bezahlt wie
bei einem besonders reinen Edelstein.
Die Chinesen des letzten Jahrhunderts haben nicht mehr eine den Werken ihrer
Vorfahren gleichwertige Ware erzeugen können, nur in der modernen Zeit werden
vereinzelt Nachahmungen geschaffen, die an Qualität den Originalarbeiten so nahe-
kommen, daß die Unterscheidung oft schwierig, mitunter kaum möglich ist.
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