Porzellan — Weiße Gruppe 301
Porzellan mit Malerei
Die Wahl der Muster bleibt in China nicht der zufälligen Laune der
Handwerker überlassen, sondern ist durch eine Tradition genau begrenzt. Jede
Darstellung hat eine symbolische Bedeutung und wird immer wiederholt. So
bedeuten die Pflanzen gewisse Jahreszeiten und daher müssen die Blumen in
bestimmter Auswahl nebeneinander stehen. Weder Zeichnung noch Farbe kann
eine abweichende Zusammenstellung entschuldigen. Die historischen Szenen sind
zugleich von moralischem Wert, und nur unter europäischem Einfluß in den
letzten Jahrhunderten finden sich Tagesbegebenheiten realistisch abgemalt. Die
Figuren sind keine Zeitgenossen oder Porträts, sondern mythologische Figuren,
in typischer Gestalt, deren Anblick pädagogisch oder erhebend. wirken soll.
Der Handelsmarkt und die Ordnung der Museen verlangten eine gewisse syste-
matische Gruppierung der nach Europa gelangten Porzellane. Da Zweck, Form und
Zeichnung nur selten Anhaltspunkte gaben, so wurde die Farbe als Erkennungs-
zeichen gewählt, und man schied gewisse Gruppen des Grün (famille verte), Rosa
(famille rose), Schwarz (famille noire), Gelb (famille jaune), Puderblau (bleu
fouett&, powdered blue) aus. Andere Stücke wurden nach dem Muster bezeichnet,
z. B. nach der Darstellung von Sittenbildern als Mandarinenvasen. Ganz eigenartig
und historisch schwer erklärbar ist die Bezeichnung von Konserventöpfen mit
Pflaumenblüten auf ausgespartem, teilweise marmoriertem oder eisgesprungenem
blauem Grunde als „Hawthorn‘“ (Hagedorn-) Vase (Taf. XV).
Eine Bestimmung nach dem Zweck oder nach den Formen, wie wir sie bei
den Bronzen beobachteten, ist niemals versucht worden und auch nicht empfehlens-
wert. In den letzten Jahrhunderten gehen alle Formen und Stile so durcheinander,
daß tatsächlich nur die vorherrschende Farbe wenigstens einen gewissen Anhalts-
punkt geben kann. Deshalb habe ich die folgende Gruppierung ebenfalls nach
den Hauptfarben der Stücke durchgeführt,
Weiße Gruppe
Weiße Glasuren (Blanc de Chine), bald in gelblichen Elfenbeintönen, bald in
srellem Weiß wie „frisch gefallener‘‘ Schnee, wurden in der Mingzeit verfertigt. Die
mangelnde Dekoration verlangte eine besonders sorgfältige Glashaut ohne Flecken
und Brandstellen. Besonders für figurale Darstellungen wurde das neutrale Weib
bevorzugt.
Zahlreiche Stücke sind erhaiten, aber der Nachweis des Alters ist schwer
zu führen. Nuran der kostbaren
Goldmontierung (Abb. 428) an
zwei Stücken in der Münchner
Schatzkammer ließ sich das Vor-
handensein im 17. Jahrhundert
beweisen. Der Scherben ist mit
Blumenmustern durchbrochen
gearbeitet, und die Zwischen-
räume sind mit durchsichtigem
Abb. 428 Kumme mit Rand, 23 em breit, und Vase in euro- Glasfluß ausgefüllt (grains of rice).
päischer Goldmontierung als Trinkbecher, 19 em hoch, weißes S 1 x
Porzellan, Pflanzenmuster, im Scherben durchbrochen und i Bei den Figuren können
Zwischenräume mit lichtdurehlassender Glasur ausgefüllt, wir eıne edle Linienführung der
K. Schatzkammer, München, 17. Jahrhundert k .
(Originalaufnahme) Gewandung, eine schimmernde