314 Töpferei — Kanghizeit
ästhetische Gesetz der auf- und abstrebenden Linien
auch für die einfache Flächendekoration.
Der Chinese der Mandschuzeit wollte nicht
durch den Rhythmus der Linienführung, sondern
durch die Fülle und Pracht der Farben oder
durch den erzählenden Inhalt des Dargestellten
wirken. Deshalb wurden wie auf,den zeitgenössischen
Blauweiß-Porzellanen ganze Bilderbücher der Ge-
schichte auf das zerbrechliche Material übertragen
(Abb. 448-450). Selbst stilistische Absurditäten
konnten entstehen, wie die übereinander gemalten
Landschaften (Abb. 449). In geduldiger Miniatur-
malerei wurden mit spitzem Pinsel in glänzender
Technik alle Ein-
zelheiten der My-
thologie und Ge-
schichte darge-
stellt, deren Kennt-
nis als Zeichen der
Bildung galt. Je-
des Stück ist ein
Spiegel der Welt-
anschauung dieser
Zeit,
Die Imitation
feiner Stoffimuster
führte zu einer sehr
sauberen und akku-
raten Brokatmale-
rei (Abb. 451),
die einen reichen
| Schatz von Bor- Abb. 452 Kwanyin mit Kind und
I) 2 Blumenkorb, auf Fußgestell, Fleisch-
I ten und Streifen- teile weiße Glasur, Kleid und Gestell
| ] Ie- grün mit brauner und schwarzer
Il mustern überlie Zeichnung, 76 em, Porzellan, Samm-
fert hat. Wer ge- lung Pierpont Morgan, New-York
Kanghi, 1662 bis 1723
nauer die einzel- (Originalaufnahme)
nen Ornamente auf
zahlreichen Por-
zellanen studiert, wird erstaunt bewundern, welche
Fülle von Dessins die Chinesen angewendet haben.
Alle Motive der ältesten und mittelalterlichen Zeit,
der westlichen und östlichen Völker Asiens und
der verschiedensten Techniken sind zu immer
neuen Kombinationen zusammengefügt. Je mehr
man die Grundelemente der Ornamente vergleicht,
desto stärker drängt sich die Beobachtung aut,
daß es sich ausschließlich um geschickte Neu-
kombinationen vorhandener Einzelteile handelt,
Abb.451 Blumenväse mit vergoldeten daß dagegen eigene, auf naturalistischer Beob-
Henkeln, auf Holzuntersatz, famille achtung beruhende Erfindungen völlig fehlen.
verte mit roten Blumen, Porzellan,
| etwa 68 em, Sammlung Pierpont Mor- Eigenartige Wirkungen, die dem sonst üb-
h gan, New-York, Kanghi, 1662—1723 . “ .
N (Originalaufnahme) lichen Geschmacke der vollen Flächenfüllung