380 Stoffe — Stickereien und Gewebe
Die Beachtung der Farben!) und Abzeichen bei besonderen Gelegenheiten ge-
stattet den Rückschluß, daß im allgemeinen einfach gefärbte Stoffe verwendet wurden,
und daß die Verzierungen nicht gewebt, sondern eingestickt, wohl seltener aufgemalt
waren. Die Weberei in Mustern war vielleicht im Altertum bekannt, aber jedenfalls
wenig entwickelt. Eine Bestätigung dieser Annahme können wir den Berichten der
chinesischen Quellen über den Westhandel um die Zeit vor Christi Geburt
entnehmen.
Als durch den Bau der großen Mauer (Bd. I, S. 44) am Ende des 3. Jahrhunderts
v. Chr. die Grenze gegen die Nomadenvölker des Nordens gesichert war, begann ein
friedlicher Handelsverkehr mit den westlichen Ländern.2) Als Chang Kien (Bd. I
S. 44) von seiner Studienreise heimgekehrt war, ging auf Grund seines Berichtes
die erste Handelskarawane (um 114 v. Chr.) von China aus in den fernen Westen.
Der Erfolg war über Erwarten groß. Bis zu 12 Karawanen, von denen jede etwa
100 Leute und zahlreiche Lasttiere zählte, verließen jährlich die Heimat. Ferghana
war das Ziel der Reisen. Seide scheint damals noch keine Rolle gespielt zu haben.
Als sich Schwierigkeiten ergaben und der Handel zu stocken begann, griff Kaiser
Wuti (140—87 v. Chr.) persönlich ein. Er bereiste einzelne Provinzen und lud die
fremden Händler an seinen Hof, um ihnen die Macht und den Reichtum seines
Landes zu zeigen. Damals sollen zum ersten Male selbst aus Ferghana Gesandte
1) Als Beispiele aus vorchristlicher Zeit seien einige Zitate aus den Versen des Schiking
(s. Bd. I, 8. 34) nach der Übersetzung (1880) und den Anmerkungen von Strauß angeführt:
1,:2,77, 82.84: 1,18; 1,9. 289:
„Im Lammpelz und im Schafpelzkleide, „Im achten Monat hebt das Spinnen an,
Fünffach bestickt mit weißer Seide, Da webt man blaues, webt man gelbes Zeug;
Gehn sie vom Fürsten her zum Mahl Und unser rotes, das am meisten glänzt,
Zu stiller Freud’, in stiller Freud’.“ Gibt Unterkleider für die Fürstensöhne,“
1,3, 9.94 Klage der. zurück-
I, 15,6, 8.249:
gesetzten Gemahlin des Fürsten Tschuang :
„Nun sehen wir den hohen Herrn
von Wei (750—735 v. Chr.):
„Grün sind, ach, die Kleider, ach!
Grün von außen, gelb von innen.“
Grün galt als die geringere Farbe
und Gelb als die vornehmere. Beide sym-
bolisieren die Stellung der zurückgesetzten
Fürstin.
1:06,93, 815]:
„Mit Rasseln bracht ein großer Wagen
Ein schilfgrün Galakleid getragen.“
„Ein großer Wagen knarrend naht,
Ein Galakleid drin wie Granat.“
Das Galakleid bezeichnet den hohen
Beamten.
17,17. 8.170:
„Gehest nun im blauen Kragen,
Und mein Herz will schier verzagen.“
Hast den blauen Gurt genommen,
Und ich sinne tief beklommen.“
Die blaue Farbe von Kragen und Gürtel
bezeichnet den Gelehrten der ersten Stufe,
Im Königskleid mit Stickerei!“ -
Dieses „Königliche Kleid mit gestick-
tem Unterkleide“, nur wenig von der Kleidung
des Königs verschieden, kam nur den drei
vornehmsten Fürsten des Chouhauses zu. In
dem Lied wird durch die Angabe des Kleides
gesagt, daß der Choufürst, trotzdem er be-
siegt war, nochmals in dem Staatskleide seiner
alten Würde nach Osten gegangen sei.
11, 3, 4 ©. 285:
„Die Drachenbanner und die Schlangen und
Schildkrötenbanner flatterten.“
„Das Schimmelspann hielt ebnen Gang,
Das Rot bewies des Wagens Rang.*
]1, 5.098.585.
„Wie schön gefärbt, wie fein gedreht!
’s ist wahre Muschelstickerei.“
Mit dieser Art feiner, bunter Stickerei
soll die Weise der Verleumderreden be-
zeichnet werden.
?) Herrmann, Die alten Seidenstraßen zwischen China und Syrien, I, Berlin 1910.
— Das umfangreiche und schwierige Material hat Herrmann in vortrefflicher Weise
verarbeitet. Im wesentlichen folge ich seinen Ausführungen. — Vgl. Bd. 1, $. 43—45.