Full text: Die Baukunst. Das Kunstgewerbe: Bronze, Töpferei, Steinarbeiten, Buch- und Kunstdruck, Stoffe, Lack- und Holzarbeiten, Glas, Glasschmelzen, Horn, Schildpatt, Bernstein und Elfenbein (Band 2)

  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
384 Stoffe — Stickereien und Gewebe 
Stilisierung, aber gewisse Eigenarten in der Ausführung lassen die östliche Um- 
gestaltung der Sassanidenvorlage erkennen. Das Kleid des gepanzerten Reiters 
ist chinesisch. Sehr merkwürdig ist ein Ornament am Hinter- und Vorderfuß der 
unteren Pferde, das wie eine große Axt aussieht. Dreger vermutet hierin eine 
„altchinesische Pferdeaus- 
rüstung“., Er kommt zu 
dieser Annahme, weil die 
Form nicht westasiatisch ist, 
aber im Osten ist sie gleich- 
falls völlig unbekannt, und 
dürfte praktisch unmöglich 
sein. Ich möchte daher ver- 
muten, daß auf dem Ori- 
ginal eine Verzierung durch 
Schleifen oder dergleichen, 
wie sie sich auf ägyptischen 
Stoffen an dieser Stelle der 
Pferdebeine tatsächlich fin- 
det,*) eingewebt war und 
der Chinese sie mißverständ- 
lich als eine eigenartige per- 
sische Pferdeausrüstung auf- 
faßte. In der oberen Reihe 
sind die Pferde ohne diese 
Beigabe dargestellt. Ferner 
ist die Ausführung des 
Lebensbaumes in der Mitte 
als Arbeit des westlichen 
Stiles völlig unmöglich. Die 
Blumen haben eine Umge- 
staltung in einem gewissen 
naturalistischen Sinne er- 
fahren, während die Wurzel 
in dem gebuchteten Drei- 
blatt eine charakteristische 
Form des Ostens aufweist, 
  
| Er ESEREERE EEHARES 
  
  
  
  
Abb. 561. Gewebter Stoff mit Mittelstück und Gegenüber von 
Pflanzen, Hirschen, Vögeln und Bergen, aus einem Tempel in Japan, i 5 
; 7. bis 8. Jahrhundert Dem gleichen Stile, 
Aus: Kodama, Shinsen Kodaimoyo Kagami, Tokio, 1884) : : i 
\ In: : aber in minderwertiger Aus- 
führung, gehört ein anderer 
geführt. Dort wurde sie eine charakteristische Verzierungsform der Gewebe, die sich 
länger als im Westen erhielt. 
Die paarigen Symbole in Kreisform dürften dagegen aus einer ganz anderen Bedeutung 
— dem Dualismus in der Natur (8. 385) — entstanden sein und haben mit den Scheiben- 
kreisen nur eine zufällige äußere Ähnlichkeit. Nebenbei verweise ich auf das Scheibenmotiv 
bei den Sassaniden in anderen Materialien, z. B. in Bergkristall, Schale des Königs Chosru II. 
von Persien (Abbildung bei Stübe, Die Reiche der Indogermanen in Asien, v. Pflugk- 
Hartung, Weltgeschichte II, S. 419), ferner bei den byzantinischen Emaillearbeiten usw. 
!) Deshayes, Un tissu du VIII Siecle & decor „Sassanide* du Temple de Horiuji 
ä Nara (Japon), Conference 1902, 9 Mars. Soie d’Antinoe (Egypt.) attribu6, au IV ou 
au V Siecle on plus tard, par M. Gayet (Musde Guimet, Galerie Egyptienne). Skizze 
von bisher nicht veröffentlichtem Seidenstoff im Musde Guimet mit Pferd im Kreise mit 
abstehenden Schleifen an den Fußgelenken. 
  
  
  
  
  
  
  
 
	        
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