Full text: Die Baukunst. Das Kunstgewerbe: Bronze, Töpferei, Steinarbeiten, Buch- und Kunstdruck, Stoffe, Lack- und Holzarbeiten, Glas, Glasschmelzen, Horn, Schildpatt, Bernstein und Elfenbein (Band 2)

390 Stoffe — Stickereien und Gewebe 
beigelegt worden sein, wenn sogar ein berühmter Hof- 
künstler es nicht unter seiner Würde hielt, die Entwürfe 
herzustellen und die Arbeit zu leiten. Damals wurde 
die Grundlage zu jener Nadelmalereikunst gelegt, dienoch 
heutigestags in China und in Japan eine große Industrie 
für den inländischen Markt und den Export bildet. 
Weitere Berichte!) erzählen von zahlreichen Nadel- 
arbeiten, unter denen einzelne große Dimensionen er- 
hielten. Ein buddhistisches Bild mit 48 Personen wurde 
650 und im Yakushitempel (690—696) ein solches von 
30 zu 28 Fuß Größe mit mehr als 100 Figuren gestickt. 
Aus dem 8. Jahrhundert wird sogar eine Kwanyinstickerei 
von 54 Fuß Höhe und 38 Fuß Breite erwähnt. Nicht nur 
die technische Leistung ist bewundernswert, sondern auch 
die künstlerische Lösung einer derartigen Riesenstickerei. 
Unter den Schätzen des 8. und 9. Jahrhunderts, die 
aus Turkestan nach Europa gelangt sind, befinden sich 
vortreflliche Figurenstickereien, bei .denen die Farben 
in leuchtender Kraft der alten Zeit erhalten sind. Im 
British Museum?) ist z. B. ein lebensgroßes Figurenbild, 
dessen ganze Fläche mit Stickerei, meist im einfachen 
Tamburierstich, mit breitem, ungedrehtem Seidenfaden 
bedeckt ist. Der Körper ist in hellem Fleischton gehalten, 
die Haare dunkelblau, die Kleider in Rot, Gelb, zwei 
verschiedenen Blau und Grün. Der Körper ist nach 
Art der Malereien in Schwarz konturiert. 
Derartige umfangreiche Arbeiten 
erforderten, unter Berücksichtigung des 
Materials und der Wirkung, geübte 
Künstler für die Entwürfe. Die bud- 
dhistische Linearmalerei der Fresko- 
arbeiten war zur Wiedergabe in der 
Nadelarbeit sehr geeignet. Die reichen 
Gewänder und flatternden Schleier 
(Abb. 569) in farbig leuchtender Seide 
müssen an den Wänden der dunklen 
Tempel oder als Hintergrund für die 
  
Abb.569 Sitzende buddhistische : a 7: 
Figur mit flatternden Schleiern, Skulpturen eine stärkere Wirkung aus- 
unten: Schleier- oder Blätterorna- . . 
hente. Rest einer Kahne mitfar. Zeübt haben, als die matten Fresko- 
biger Stickerei, im Besitz des farben oder die Wasserfarben es ver- 
Kaisers von Japan, 8. od. 10.Jahr- E A 
hundert (Aus: Kokka, Heft 42) mochten. Frei schwebende Blätter und 
flatternde Bänder (Abb. 570) gestatteten, 
Farbflecke von verschiedenen Größen 
in geschwungener Linienführung in die leeren Flächen zu setzen. “ 
Während in Europa der Steinbau die großen Wandflächen gliederte a 
und durch Skulpturen belebte, bot der östliche Fachwerk- und Seidenstoftes, 
2 = x ; = Blume mit 
Holzbau nur die glatte Fläche ohne jede Verzierung. Die Wasser- Flammenorna- 
: ; a s as : menten u. frei- 
farbenmalerei war schon durch ihre minutiöse Technik mehr auf sch wobenden 
Blättern, im 
Tempel Horiuji, 
ich» : 5 ee Nara, Japan, 
1) Seitichi Taki, Embröidery and painting, Kokka 242. 7. bis 8. Jahr- 
2) British Museum, von Stein 1908 aus Höhlentempel „tausend ( u 
Buddhas“, Tunhuang, Kansi Provinz, mitgebracht. Heft 57) 
  
  
  
  
 
	        
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