Full text: Die Baukunst. Das Kunstgewerbe: Bronze, Töpferei, Steinarbeiten, Buch- und Kunstdruck, Stoffe, Lack- und Holzarbeiten, Glas, Glasschmelzen, Horn, Schildpatt, Bernstein und Elfenbein (Band 2)

  
  
  
  
  
  
  
  
448 Glas — Antike Zeit 
ist das Glas bereits ein alltägliches Gebrauchsgerät. Erst unter römischer Herrschaft 
erlernten die Völker Westasiens die Fabrikation. Mit den kostbaren Textilien werden 
auch die Gläser aus dem unter römischer Herrschaft industriell hochentwickelten 
Syrien nach dem Osten gekommen sein. 
In den Annalen der älteren Handynastie befindet sich eine Notiz, nach der 
zur Zeit des Kaisers Wuti (140—86 v. Chr.) Agenten über See geschickt wurden, 
um „Liuli“, das ist opakes Glas, einzukaufen. Hirth fand in einer Beschreibung 
von Syrien (Tatsin), im Buche Weilio aus dem 4. Jahrhundert n. Chr., folgende zehn 
Farbensorten für das eingeführte Glas angegeben: Karmin, Weiß, Schwarz, Grün, 
Gelb, Blaugrün, Purpur, Himmelblau, Rot und Braunrot. Hirth fügt aber vorsichtig 
hinzu: „Ich habe die Namen dieser Farben in allgemeinen Ausdrücken zu übersetzen 
gesucht, welche Schattierungen im Altchinesischen damit bezeichnet wurden, ist 
heutzutage ebenso schwer festzustellen, wie die genaue Bezeichnung der Farben im 
römischen und griechischen Altertum.“ „Einige nicht mißzuverstehende Farben 
wie Schwarz, Karmin (vitrum haematinon), Weiß (vitrum album) usw. lassen sich 
in-der Beschreibung des Plinius (XXXVI, 67) wohl wieder erkennen. Doch würde 
es nicht schwer fallen, bei der. Vagheit der Begriffe irgendwelche Schattierungen 
des westlichen Glases unter den zehn Farben der chinesischen Liste unterzubringen.“ 
Weniger unterrichtet sind wir über die Formen. Wir wissen überhaupt nicht, 
welche Gegenstände aus Glas eingeführt wurden. Sicher sind es keine großen Stücke 
gewesen, sondern nur jene kleinen Sächelchen, die wir oben als Produkte der antiken 
ägäischen Kultur kennen lernten. 
Vor allem waren Glasperlen ein beliebter Handelsartikel. Hirth vermutet, 
daß bei der Wertschätzung des Glases als Edelsteine die „kleinen bunten Glas- 
kugeln, die als Produkte des syrischen und ägyptischen (?) Handels mit anderen 
Waren nach China gelangten, als Grund für die Erklärung des Wortes Liuli durch 
‚Perlen‘ anzusehen sind“. Daß die so genau beobachtenden Chinesen keinen Unter- 
schied zwischen Kugeln und den zur Aufreihung auf Schnüren durchlochten Glas- 
perlen gemacht haben sollten, scheint mir wenig wahrscheinlich. In chinesischen 
Gräbern sind bisher. keine antiken Glasperlen gefunden worden, Wahrscheinlich 
bildeten sie einen kostbaren Schmuck!) der Kaiser und Prinzen, deren Gräber noch 
unberührt sind. Dagegen haben sich in fast allen Kaisergräbern Japans, in den 
mächtigen Dolmen, zahlreiche runde und zylinderförmige Glasperlen befunden, 
Gowland?) hat in einem einzigen Steingrabe über tausend Perlen gefunden, von 
denen 791 von Glas, die meisten dunkelblau, einige grün und bernsteinfarbig waren. 
Des weiteren ist die Einführung von Glasfenstern, wahrscheinlich in 
ganz kleinen Flächen, durch Literaturstellen verbürgt, Für eine zur Kaiserin er- 
hobene Tänzerin wurde 16 v.Chr. ein besonders kostbarer Palast erbaut. „Alle 
Fenster und Türflügel waren aus Glas, welches zu jener Zeit an Kostbarkeit mit 
Edelsteinen gleichhoch geschätzt wurde.“ Als besonderen Vorzug desselben hebt 
die chinesische Quelle nach Forkes Übersetzung ausdrücklich hervor,®) „daß es 
1) Interessant ist eine Gegenüberstellung mit den Verhältnissen in Europa, wo 
in Etrurien bereits im 5. Jahrhundert v, Chr. Glasperlen so gering galten, daß sie nur 
noch in den Gräbern der Armen gefunden wurden. — Martha, L’Art Etrusque. — 
Nieuwenhuis, Kunstperlen und ihre kulturelle Bedeutung. Internationales Archiv für 
Ethnographie, 1904, S. 136—153. 
2) Münsterberg, Japanische Kunstgeschichte, Bd. I, S. 88, Abb. 64: Abbildung von 
Perlenketten aus Glas aus Steingräbern in Higo, jetzt im kaiserlichen Museum zu Tokio. 
— Gowland, The dolmens and burial mounds in Japan, Archaeologia, LV, S.439—452, 
Abbildungen. — Histoire de l’art du Japon, Paris 1900, Abbildung. 
3) Siehe Bd. I, 8.71. — Zitiert nach _Forke, Von Peking. nach Ch’ang-an und 
Lo-yang. Ostasiatische Studien, 1898, Bd. I, S. 113. | 
 
	        
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