Full text: Die Baukunst. Das Kunstgewerbe: Bronze, Töpferei, Steinarbeiten, Buch- und Kunstdruck, Stoffe, Lack- und Holzarbeiten, Glas, Glasschmelzen, Horn, Schildpatt, Bernstein und Elfenbein (Band 2)

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Import — Spiegel — Emaille — Brille — Neubelebung der Glasindustrie 453 
  
Zweites Jahrtausend 
nn Im Beginn der Mongolenzeit, gegen 1260, als die internationalen Beziehungen 
Ber von neuem in den Vordergrund traten, begegnet uns zum ersten Male wieder eine 
Glasarbeit — die Brille.!) ‚Über die ersten Brillen erfahren wir, daß sie aus den 
Ländern Zentralasiens, d.h. Turkestan, kamen.“ ?) In einem Werke „wird von zentral- 
asiatischen Gefangenen erzählt, die Brillen in China verfertigten, um sie als kost- 
| bares Erbe den Generationen zu überlassen“. Ein Hauptmann besaß eine Brille 
| von „weißer Glaspasta‘ (Pai liuli), die Augen von der Größe eines Geldstückes, mit 
| zusammenlegbaren Stangen aus Knochen. Hier ist die Bezeichnung Liuli, also „‚opakes‘“ 
Glas, gewählt, aber das scheint doch ein Irrtum des chinesischen Autors zu sein, 
der vielleicht die Brille nicht gesehen hatte, da es sicher durchsichtiges Glas oder 
Kristall gewesen sein wird. „Ein anderes Buch enthält die Nachricht, daß 
Brillen in Turkestan im Wege des Austausches mit edlen Pferden gekauft würden, 
was uns eine Vorstellung von der anfänglich übertriebenen Einschätzung des 
Artikels verleiht, worauf auch die gebrauchte Benennung ‚Kostbarkeit‘ (Pao) hin- 
deutet.“ 
Nach Zentralasien kam die Brille wahrscheinlich. aus Indien, wo spätestens im | 
Anfang des 13. oder gegen Ende des 12. Jahrhunderts die Erfindung gemacht worden ‚ 
sein dürfte. Aus der gleichen Quelle soll sie erst nach. 1270, also etwas später als nach 
China, nach Europa gekommen sein. Die Gläser wurden aus Kristall, das im ganzen 
| chinesischen Reiche vorkommt, und aus importiertem Glas hergestellt. Die Gläser | 
sind in China kreisrund mit breiter Einfassung, meist aus Schildkrötenschale. ‚Die # 
| Stangen aus Messing oder Kupfer werden aber nicht auf die Ohren gelegt, sondern 
zwischen den Schläfen festgehalten.‘ Der Schliff der Brillengläser von Kristall und \ 
| Glas scheint damals keinen weiteren Einfluß auf das Kunstgewerbe ausgeübt zu 
| haben. Da die Bearbeitung von Jade und anderen harten Steinen in vollendeter 
Technik geübt wurde, so wird das Schleifen der Brillengläser keine Schwierigkeiten 
| bereitet haben. 
| Eine Neubelebung der Glasindustrie trat erst ein, als chinesische 
| Dschunken im Anfang des 15. Jahrhunderts auf ihren weiten Reisen um Indien 
bis nach Dschedda, dem Hafen von Mekka, vordrangen (1431) und arabische 
Glasbläser mitbrachten.?) Schon die Tatsache, daß die Übersiedelung in den 
| Annalen besonders erwähnt wird, beweist, welche Bedeutung die Chinesen ihr 
| beilesten. | 
onisrol Im Westen hatten sich die uralten Künste des Glasblasens erhalten und in 
Schätze Syrien oder Mesopotamien wurden wahrscheinlich zuerst dieleuchtenden Schmelzfarben 
| der Fliesenmalerei auf die sehr unreine Glasfläche übertragen. Im 14. Jahrhundert 
erreichte diese Technik ihren Höhepunkt. Nicht nur in den Moscheen der weiten 
mohammedanischen Glaubensbezirke erleuchteten zahllose farbig bemalte Lampen mit 
mattem Scheine die Räume, sondern auch in europäischen Palästen wurden Lampen, 
  
  
  
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1) Laufer, Zur Geschichte der Brille, Mitteilungen zur Geschichte der Medizin 
und der Naturwissenschaften, 1907, Bd. VI, Nr. 4, S. 379—385. Die folgenden Angaben 
sind nach Laufer zusammengestellt, der sehr: ausführlich die maßgebenden Quellen angibt. 
2) Laufer, S.380 nach Chao Hsi-Ku, einem Mitgliede der kaiserlichen Familie der 
Sung in Tung T’ien ch’ing lu nach seinem Buche „Erzählungen von Leuten der Yüan- 
(mongolischen) Dynastie (Yüan jen siao shuo)*. 
3) Hirth, Zur Geschichte des antiken Orienthandels, Chinesische Studien, 1890, 
S.15. Der verantwortliche Leiter jener Expedition war Ch’öng Ho. Wen-fang-ssü-k’ao 
vgl. Ko-chin-ch’ing-yüan. Kap. 33, S. 14. 
 
	        
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