Full text: Die Baukunst. Das Kunstgewerbe: Bronze, Töpferei, Steinarbeiten, Buch- und Kunstdruck, Stoffe, Lack- und Holzarbeiten, Glas, Glasschmelzen, Horn, Schildpatt, Bernstein und Elfenbein (Band 2)

Einführung der Technik — Spiegel — Zellenschmelz 459 
wurde die Technik zu besonderer Blüte entwickelt, und daher werden auch die 
Produkte „Chingte lan“ genannt. 
Aus diesen verschiedenen Bezeichnungen ist klar ersichtlich, daß die Glas- 
schmelztechnik keine alte Kunst des Ostens war, sondern aus dem mohamme- 
danischen Westen eingeführt wurde. Da die Zellenschmelzfabrikation in Byzanz 
im 9. Jahrhundert in voller Blüte stand, so wäre es denkbar, daß schon um 
die Wende des Jahrtausends die Kenntnis nach China gelangt war, mindestens 
aber unter den Mongolenherrschern, 
als sich am glänzenden Kaiserhofe fast 
alle Nationen der Welt trafen. Als der 
Ike Mönch Wilhelm von Rubruc!) im 
‚Mt Jahre 1231 nach Karakorum, der Haupt- 
Sch stadt Kublai Khans in der Mongolei, 
  
kam, traf er dort den Pariser Gold- 
schmied Wilhelm Boucher, der Hof- 
| juwelier des Khan wurde, und eine 
| Frau Paquette aus Metz in Lothringen, 
die in Ungarn gefangen worden war. 
Kaufleute aus Genua, Pisa und Venedig, 
| Künstler aus Polen, Böhmen und 
| Ungarn und viele andere Europäer 
nell die machten den spekulativen Weg an den 
it a Hof des Weltherrschers. Ein reger 
Km | Verkehr bestand, aber weder die ge- 
  
| wissenhaften chinesischen Historiker Abb. 640 Spiegel, Silber, mit aufgelegten Golddrähten, n 
| : Ei e Rückseite in zwölfblättriger Blütenform, farbiger Zellen- 
noch Marco Polo bei seinen sehr aus scehmelz, die schwarzen Felder sind tiefbraun; Mittel- \ 
führlichen Angaben aller Fabrikations- stern und helle Ränder sind dunkelgrün; die halb- | 
dunklen Zwischenflächen sind braunblau; die ganz ij 
| und Handelsprodukte erwähnen hellen Ecken am Rand sind Gold. Kaiser!. Sammlung " 
: z in Shosoin, Nara, Japan, 8. Jahrhundert 
| Emaillearbeiten. (Aus: Toyei Shuko, Bd. V) 
Der einzige, allerdings nicht durch- Text s. 8. 452, 459 
| schlagende Beweis für die Herstellung, 
| wenigstens unter dem letzten Mongolenkaiser, ist das Vorkommen von eingravierten 
Marken auf Ornamentgrund zwischen einem Drachenpaar, die der Periode 1341—1367 
entsprechen. Nach der Häufigkeit der Marken zu urteilen, ist eine größere Fabrikation 
erst unter dem Mingkaiser Chingte (1450—1456) aufgekommen, und die vereinzelten, 
um 100 Jahre älteren Signaturen können Fälschungen sein, wie auch auf Porzellanen | 
| nachträglich ältere Kaisermarken angebracht wurden (s. S. 304, Abb. 434, b). 
Di Es ist wohl möglich, daß ähnlich wie zur Merowingerzeit?) syrische wandernde 
Handwerker Frankreich überschwemmten und byzantinische Techniken einführten, 
in den letzten Jahrzehnten des 14. Jahrhunderts Mohammedaner aus dem Westen 
nach Peking kamen und Emaillearbeiten herstellten. Diese Annahme von Paleologue 
wird durch den oben angeführten chinesischen Bericht über die Ansiedlung von 
| Yünnanmännern in Peking sehr wahrscheinlich gemacht. | 
| Während somit nach den chinesischen Annalen und den erhaltenen Schmelz- 
| arbeiten die Einführung der Technik durch Fremde frühestens um die Mitte des 
a 14. Jahrhunderts, wahrscheinlich erst im 15. Jahrhundert stattfand, befindet sich im 
ı onen kaiserlichen Schatzhause Shosoin in Nara (Japan) ein Emaillespiegel®) (Abb. 640), 
  
  
| 1) Bushell, Chinese art, Bd. II, 8. 75. 
| 2) Pal£eologue, L’art Chinois, S. 231. 
| 3) Jokohi, Über Zellenschmelz, Kokka, Heft 152, Abbildungen des Spiegels von 
Profil- und Vorderseite in Kontur. — Farbige Abbildung bei Jokohi: Dai nihon bisitzu 
| zufu, Heft 1. — Toyei Shuko, Bd. V, farbige Tafel. 
 
	        
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