Full text: Die Baukunst. Das Kunstgewerbe: Bronze, Töpferei, Steinarbeiten, Buch- und Kunstdruck, Stoffe, Lack- und Holzarbeiten, Glas, Glasschmelzen, Horn, Schildpatt, Bernstein und Elfenbein (Band 2)

  
462 Glasschmelzen — Zellenschmelz 
  
Abb. 648 Räuchergefäß in antiker Urnenform mit durchbrochenem Deckel, vergoldete 
Vogelornamente als Henkel, 29 em hoch, Vielfraß(taotieh)kopf zwischen Blumen und 
Ranken, farbiger Zellenschmelz auf blau und schwarzem Grund; im South Kensington 
Museum, London, aus dem Kais. Sommerpalast Yuanmingyuan bei Peking, nach 1644 
(Aus: Bushell, Chinese art, Bd. I, Fig. 30) 
Text s. S. 464 
den Großen bestimmt haben. Die runden Scheiben erinnern an byzantinische 
Kunst. Der Außenrand hat arabische Inschrift und nennt den Namen eines Ortokiden- 
fürsten, der 1144 gestorben ist. Zwischen den Kreisen sind Lebensbäume, die nach 
Westasien weisen. Die Figuren von Gitarrespielern, Tänzerinnen und Akrobaten tragen 
westliche Kostüme; die Motive sind in ganz Asien verbreitet gewesen, denn in chinesi- 
scher und indischer Tracht finden wir die Musiker und Akrobaten schon auf chinesi- 
schen Reliefs aus der Hanzeit. In den Medaillons sind vierfüßige Tiere, die an 
skythische Arbeiten erinnern und mit chinesischen Steinreliefs (Abb. 537) eine ganz 
ferne Ähnlichkeit, nicht in der Durchführung, sondern im Motiv haben. In anderen 
Kreisen sind Adler in stilisierter Wappenform mit rundem Nimbus, die im Osten 
ganz unbekannt sind. 
Wurmranken füllen den Untergrund der Scheiben und auch teilweise die Zwischen- 
felder und entsprechen den oben erwähnten typischen Verzierungen auf chinesischen 
Emaillen. Desgleichen erinnert die Ausführung der horizontal abgespreizten Federn 
des Vogels in der gestrichelten Ausführung an die Schwanzfedern des Phönix auf 
chinesischen Schmelzarbeiten (Abb. 641), nur ist in charakteristisch östlicher Weise 
die steife Stilisierung naturalistisch belebt. Schließlich entspricht die ganze Technik 
in Material und vor allem in der Farbengebung fast genau den ostasiatischen Arbeiten. 
Infolge der Übereinstimmungen wurde die Innsbrucker Schüssel als chinesische oder 
wenigstens von China beeinflußte Arbeit erklärt. Falke hat mit Recht zuerst darauf 
hingewiesen, daß die chinesischen Angaben über die Zeit der Emailleeinführung dem 
widersprechen und eher auf einen Einfluß vom Westen nach dem Osten schließen
	        
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