Full text: Die Baukunst. Das Kunstgewerbe: Bronze, Töpferei, Steinarbeiten, Buch- und Kunstdruck, Stoffe, Lack- und Holzarbeiten, Glas, Glasschmelzen, Horn, Schildpatt, Bernstein und Elfenbein (Band 2)

  
  
466 Glasschmelzen — Zellenschmelz 
auch in Porzellan häufig vorbildlich war. Der Henkel ist aus vergoldeter Bronze 
modelliert und im gleichen Material die Reifen, die den nachgebildeten Bambus 
umklammern. Die Zwischenfelder sind mit Drachendarstellungen verziert. 
Ganz merkwürdig in der Idee sind zwei ineinander- 
geschobene vierseitige Vasen (Abb. 652), die von kleinen 
Figuren getragen werden und auf dem oberen Rande 
flatternde Bänder als Ornament in vergoldeter Bronze 
aufweisen. In Europa kennen wir seit der Barockzeit bis 
zum Napoleonstil die geschnitzte und gegossene Schleifen- 
verzierung, aber in Ostasien konnte ich sie nur bei Zellen- 
schmelzarbeiten und nicht vor dem 17. Jahrhundert 
finden. Es ist mir daher sehr fraglich, ob wir hier von 
einer chinesischen Erfindung sprechen dürfen. Wahr- 
scheinlicher erscheint es mir, daß die Jesuiten diese 
europäischen zwecklosen Dekorationsmotive einführten, 
und nur die Ausgestaltung nach dem gemalten Vorbilde 
der flatternden Schleier (Abb. 385) im östlichen Sinne 
erfolgte. Die farbige Wirkung der bunten Seitenflächen 
wird durch das bewegte, vergoldete Band mit seinen 
Lichtreflexen wesentlich gesteigert. Aber die Ausführung 
entspricht nicht den üblichen Zweckformen, die der 
Osten im wesentlichen verwendet. 
Die Arbeiten der Mingzeit waren technisch 
noch nicht vollendet. Die Formen wirkten im archaisierenden Bronzestil schwer 
und massig, und die angewendeten Farben in Anzahl begrenzt und oft unrein. 
Die Metallstege zwischen den Farbflächen treten deutlich hervor. Ein tiefes 
Lapislazuliblau, ein helles Himmelblau mit zart grünlichen Tönen, ein dunkles 
Korallenrot, ein Violett und ein volles Gelb 
bilden die Hauptfarben. Kupfergrün ist 
nur selten angewendet, und wenn Schwarz 
oder Weiß vorkommt, so sind die Farben 
schmutzig, fleckig und ohne Leuchtkraft. 
Bei genauer Untersuchung findet man in den 
Farbmassen zahlreicbe kleine Löcher, die 
sich im Feuer aus Blasen gebildet haben, auch 
entbehrt die Arbeit der glänzenden Politur. 
Das Metallmaterial ist stets dick und schwer; 
an dem leichten Material sind japanische 
Imitatıonen zu erkennen. 
Der Verzierungsstil wurde von dem 
westlichen Dekorationsstile beherrscht. Wenn 
auch die Dessins oft kleinlich sind, so 
Abb. 651 Kleine Kanne auf 
drei Füßen, mit . Deckel, 
Henkel und geradem Aus- 
guß, in antiker Bronzeform. 
Vergoldete Bronze mit far- 
bigem Zellenschmelz auf 
türkisblauem Grunde, im Art 
Museun, Springfield, Mass., 
Sammlung 6. W.V. Smith, 
18. Jahrhundert 
(Originalaufnahme) 
Text s.S. 465 
Abb. 652 Weihrauchgefäß in Form zweier 
  
passen sie sich doch der Gefäßform an, so 
daß die Gesamtwirkung eine durchaus har- 
monische und großzügige bleibt. Nirgends 
drängt sich in Farbe oder Zeichnung ein Motiv 
hervor und zerstört die Idee des Zweckgerätes. 
Die Glasschmelzen sind nur ein Mittel zur 
gesteigerten Wirkung der Grundform. 
zusammengeschobener viereckiger Vasen. 
Verzoldetes Kupter mit Blumenornamenten 
in farbigem Zellenschmelz auf turkisblauem 
Grunde, von Barbaren getragen, mit Band- 
verzierungen in feuervergoldeter Bronze, 
65 em hoch, im Art Museum, Springfield, Mass., 
Sammlung G. W. V. Smith, 18. Jahrhundert 
(Originalaufnahme) 
Unter dem kunstliebenden Herrscher Kanghi erlangte die Emailletechnik 
ihre Vollendung. Durch sorgfältiges Brennen wurden die Löcher und Blasen ver- 
ınieden und durch exakte Politur die Leuchtkraft erhöht. Die reiche Palette der 
 
	        
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