Getriebene Schmelzarbeiten — Farbige Schmelzmalerei 473
Von besonderem Interesse ist ein Vergleich der Metallbüchse mit der ähnlich
geformten und dekorierten Lackdose, die um 1000 Jahre älter ist (Abb. 595). Auch
dort hatten wir in jeder Buchtung ein echt chinesisches Motiv gefunden, den Phönix,
während die geometrisch konstruierten Pflanzenrosetten des westasiatischen Vor-
bildes ebenfalls mißverstandene östliche Umformungen aufwiesen. In beiden Fällen
war der östliche Handwerker bestrebt, fremde Muster nachzubilden, aber der chine-
sische Geist löste die lineare Konstruktion in geschickt aneinandergereihte, rein
Abb. 663 Büchse mit Deckel, Blumenornament in Relief getrieben und vergoldet, der
tiefliegende Grund mit blau Emaille gedeckt (Email repouss&), von innen türkisblau emailliert,
40 em Durchmesser, im South Kensington Museum, London,
aus dem Kaiserl. Sommerpalast Yuanmingyuan bei Peking, 18. Jahrhundert
(Aus: Bushell, Chinese art, Bd. II, Fig. 97)
dekorative Flächenornamente auf und fügte naturalistische Motive seines eigenen
Stiles hinzu.
Unter europäischem Einfluß entstand in Kanton die Industrie der farbigen
Schmelzmalereien, die im europäischen Handel Kantonemaillen genannt werden.
Die Chinesen haben dieser Technik niemals ein besonderes Interesse entgegen-
gebracht. Für sie waren die Kupferschmelzfarben stets schmutzig gegenüber den
leuchtenden Farben und dem weißen Scherbengrund des Porzellans, und der dumpfe
Schall beim Anschlag erschien ihnen minderwertig gegenüber dem hell klingenden
Porzellan. Der chinesische Markt führt daher nur billige Gebrauchsgeräte für
das Haus.
Der chinesische Name Yang tzu bedeutet ‚„fremdländisches Porzellan“. Tat-
sächlich entspricht die Technik genau der von französischen Limogesemaillen. In