Altertum — Import — Schnitzerei 477
Jahre 166 (s. S. 381), die im Namen Marc Aurels auf-
trat, „von der Grenze von Annam Elfenbein, Rhino-
zeroshorn und Schildpatt als Tribut darbrachte‘“.
Seit dieser Zeit blieb Rhinozeroshorn ein regel-
mäßiger Importartikel. Die Araber brachten eben-
falls mit Perlen, Glas, Korallen, Brokaten und
anderen Textilien auch Elfenbein und Rhinozeros-
horn,!) ohne daß nähere Angaben über das Ur-
sprungsland in den Berichten angegeben sind. Jeden-
falls war es kein heimatliches Produkt der moham-
medanischen Seefahrer, sondern eine Handelsware
& aus Südasien. Die Hörner der einhörnigen Rhino-
“ zerosse in Indien und der zweihörnigen aus Sumatra werden noch heute über See
nach Kanton eingeführt und meist auch. dort verarbeitet.
In alten Zeiten scheint die Seltenheit und die zugeschriebene Zauberkraft höher
geschätzt zu sein als die Möglichkeit der künstlerischen Verarbeitung. Im japani-
schen Schatzhause Shosoin zu Nara ist ein einfaches, unverziertes Rhinozeroshorn
aus dem 8. Jahrhundert erhalten (Abb. 665). Im alten Katalog?) des Shosoin werden
noch zwei Trinkbecher aus Horn erwähnt, die aber im Laufe der
Zeiten verkauft worden sind und von denen keine Abbildungen
existieren. Sie werden als pentagonal und oval beschrieben, das
eine soll weiß, das andere schwarz gewesen sein. Ich vermute,
daß die Bezeichnung Weiß nur eine helle Farbe andeuten soll
gegenüber dem schwarzen Horn. Am höchsten wurde immer ein
goldgelber Ton geschätzt, der dem Bernstein ähnlich aussieht.
Daneben kommen dunklere Töne in rötlicher oder rötlichbrauner
Farbe vor. Schwarze Hörner wurden weniger für Kunstarbeiten \
verwendet.
In der Tangzeit wurden zur Hoftracht Gürtel mit ge-
schnitzten Platten aus goldgelbem Rhinozeroshorn getragen.
Die leichte Bearbeitung in erwärmtem Zustande führte dazu, das
Material für mancherlei zierliche Gegenstände zu gebrauchen (Abb.666).
Aus China sind nur Arbeiten der letzten Jahrhunderte bekannt ge-
worden. Wir können wohl annehmen, daß die kostbare importierte
Ware keine allgemeine Verwendung
fand, sondern ausschließlich als
Luxusartikel für Vornehme in ge-
ringem Maße verarbeitet wurde.
Auch dürfte die Wertschätzung, wie
bei so vielen anderen unter fremdem
Einfluß entstandenen Moden der
Tangzeit, später nachgelassen haben,
besonders als die Töpferei das be-
wunderte Luxusmaterial der Vor-
Abb. 665 Rhinozeroshorn, Kaiser!.
Schatzhaus Shosoin, Nara, Japan,
8. Jahrhundert
(Aus: Toyei Shuko, Bd. III)
Abb. 666 Rücken-
| kratzer aus Rhi- nehmen wurde.
-osh . ee
| BO ber Farbe, In europäischen Samm-
| Griff in Form von Jungen habe ich eine Reihe chine-
Bambusstange, & O z i
| bezeichnet: To- sischer Becher aus Rhinozeroshorn
| daiji (japanischer SI
| Tempel), Kaiserl.
Abb. 667 Becher aus Rhinozeroshorn,
Rankenrelief, in kostbarer europäischer
Sammilg. im Sho-
soin, Nara, Japan,
8. Jahrhundert
(Aus: Toyei
Shuko, Bd. V
1) Hirth, Die Länder des Islam,
; n ; Gold- und Emailleeinfassung, 16,5 em
nach chinesischen Quellen, Supplement hoch, K. Schatzkammer, München,
16. Jahrhundert
(Orisinalaufnahme)
Text s. 8. 478
au volume V du T’oung-Pao, 1894, S. 20.
2) Toyei Shuko, Bd.I, Taf. 14.