Full text: Die Baukunst. Das Kunstgewerbe: Bronze, Töpferei, Steinarbeiten, Buch- und Kunstdruck, Stoffe, Lack- und Holzarbeiten, Glas, Glasschmelzen, Horn, Schildpatt, Bernstein und Elfenbein (Band 2)

Trinkbecher — Europäische Montierung — Schildpatt — Bernstein 479 
realistischen Pflanzenmustern in flachem und 
hohem Relief überzogen. Der plastische 
Henkel wird durch einen Zweig gebildet. 
Die unruhige Bewegung der Oberfläche setzt 
sich fort in dem Holzuntergestell einer 
künstlich geschnitzten Verästelung. Die 
kleinen Abbildungen lassen nurundeutlich die 
reiche Dekorierung dieses üppigen Rokoko- 
stiles erkennen. Die wieder einfachere Aus- 
führung (Abb. 670) dürfte der mehr nüch- 
ternen Zeit des 19. Jahrhunderts angehören. 
Andere Hornarten sind in China 
für Gebrauchszwecke verarbeitet, aber keine 
Kunstarbeiten sind bekannt geworden. 
- 2 Abb. 670 Becher aus Rhinozeroshorn, braun, 
Schon im Altertum wurden Bogen aus Horn Reliefornamente, geschnitzter Drache als Henkel. 
RO: ’ ı e 1 auf Holzsockel, K. bayr Hausgut, erworben 2} 
hergestellt. Als Einlagen in Lack fanden auf Holzsockel, K. bayr Hausgut Bene 
= jetzt im Ethnograph. Museum, München, 19. Jahrh. 
Hornstückchen Verwendung (Abb. 614). (Originalaufnahme) 
  
Schildpatt 
Schildpatt!) war schon im Altertum geschätzt und wurde aus dem damals noch 
unabhängigen Süden eingeführt. Die Verwendungsart ist unbekannt geblieben. 
Unter den Kunstschätzen der Tangzeit finden wir auch Schildpatt ver- 
arbeitet, aber es scheint, als wenn die Anwendung selten und nur in kleinen Stücken 
als Schmuck anderer Materialien geschah. Wir fanden sie bei einer Schale aus Stein 
(Abb. 521) in Gestalt einer Schildkröte als natürlichen Rückenpanzer aufgelegt. 
Eine Verarbeitung zu selbständigen Stücken ist niemals bekannt geworden. Im 
japanischen Schatzhause des Kaisers befinden sich Arbeiten aus dem 8. Jahrhundert, 
bei denen Schildpattstückchen in gleicher Art wie Perlmutter und Bernstein im 
Lack eingedrückt sind. Die Gitarren (Abb. 608, 6, 7) und andere Geräte (Abb. 672) 
erhielten Einlagen von Schildpatt und Perlmutter in Sandelholz, und ein Kasten 
aus Silber ist mit Schildpatt belest, in dieses Perlmutter und darin wieder unter- 
malter Bernstein eingelassen. 2) 
In späterer Zeit scheint die Einlagetechnik minder geübt worden zu sein, 
wenigstens fehlen uns aus China selbst alle Berichte. Allerdings würden wir auch 
über die Verwendung im 8. Jahrhundert nichts wissen, wenn nicht der Zufall die 
Schätze in Japan erhalten hätte. Die chinesischen Berichte, die für Bronze, Jade 
und Porzellan so ausführlich sind, versagen völlig in bezug auf Schildpatt, oder es 
müßten noch Bücher gefunden werden, die bisher den fleißigen europäischen $Sino- 
logen entgangen sind. 
Bernstein 
Es gibt auf der Erde nur zwei Fundbezirke für Bernstein, von denen aus die 
ganze Welt seit Jahrhunderten versorgt wird. ?) 
In den schwedischen und dänischen Ganggräbern aus der Mitte des dritten Jahr- 
1) V. v. Strauss, Schi-King, II, 4, 3, S. 502: 
(Geweckt sind die Hoäi-Barbaren Mit Schildkrot, Elefantenzahn 
Und bringen uns von ihren Schätzen Und Südgold reich uns zu ergötzen. 
Dieser Vers ist aus einem Lobgesang auf einen Fürsten von Lü, dem Geburtslande von 
Konfuzius im Osten des Reiches. 
2) Kümmel, Die Kunstwerke im Kaiserl. japanischen Schatzhause Shosoin zu Nara, 
Werkkunst, 1909, IV, 17, S. 265, 
3) Montelius, Der Handel in der Vorzeit, Prähistorische Zeitschrift, 1910, Bd. II,4, S. 281. 
 
	        
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