Full text: Die Baukunst. Das Kunstgewerbe: Bronze, Töpferei, Steinarbeiten, Buch- und Kunstdruck, Stoffe, Lack- und Holzarbeiten, Glas, Glasschmelzen, Horn, Schildpatt, Bernstein und Elfenbein (Band 2)

  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
480 Bernstein — Elfenbein 
tausends v. Chr. sind viele Bernsteinfunde gemacht, die aus den Fundstätten an der 
jütischen Halbinsel stammen. Von dort aus wanderten die gelben Schmuckstücke 
über Europa bis nach Kleinasien. In der Akropolis von Mykenä hat man aus dem 
zweiten Jahrtausend v. Chr. Bernstein gefunden und aus dem ersten Jahrtausend 
an vielen Orten in Italien und anderen Teilen Südeuropas. Alle diese Funde stammen 
von der jütischen Küste, während um 500 v. Chr. die bis zum heutigen Tage er- 
giebigen Fundstätten an der preußischen Küste, besonders bei Königsberg, eine 
größere Bedeutung erlangten. 
Nach den sehr sorgfältigen Untersuchungen von Laufer!) ist der norddeutsche 
Bernstein, wenn überhaupt, zuerst im 17. Jahrhundert durch die Holländer nach 
China gekommen. In dem letzten Jahrhundert bestand ein regelmäßiger Export 
von Preußen nach dem Osten. Dagegen weist Laufer nach, daß der seit zwei Jahr- 
tausenden nach China eingeführte Bernstein aus dem zweiten Fundbezirk der Welt, 
aus Birma, stammt. Dort kommt neben der gelben auch die rote Farbe vor. 
In den chinesischen Annalen?) der älteren Handynastie (206 v.Chr. bis 
25 n. Chr.) wird zum ersten Male Bernstein genannt. In dem folgenden Jahrtausend 
wird er bald als Handelsprodukt, bald als Tributgeschenk aus Indien, Tibet, Persien, 
Syrien und Turkestan wiederholt in den Geschichtswerken aufgeführt, aber in Wirklich- 
keit stammten alle Importen aus Birma. Von dort wanderte der Bernstein über ganz 
Asien, genau wie schon Jahrtausende vorher der jütländische über Europa. Ein 
Hauptstapelplatz für den Import nach China war Yünnan, und Laufer meint, daß von 
dort im ersten Jahrhundert, als die Chinesen mit den eingeborenen Stämmen in 
nähere Beziehungen traten, die erste Einfuhr stattfand. 
Die kleinen Stücke, in denen Bernstein meistens vorkommt, haben am häufigsten 
ihre Verwendung als Perlen gefunden. Lange Perlenschnüre sind noch heute der 
Schmuck der Frauen und Rangabzeichen der höchsten Würdenträger.?) Sie werden 
sowohl rund geschliffen verwendet als auch in der rohen Fundform. Im allgemeinen 
wird von einer Politur abgesehen und die Naturhaut unberührt gelassen. Auch als 
Hänger zum Abschluß der Brustketten oder in Metallfassung als Platten werden 
ausgewählte Stücke benutzt. 
Wieder sind es die Schätze im kaiserlichen Schatzhause Shosoin in Japan, die uns 
die Verwendung von roten?) und gelben Bernsteinsplittern als Einlagen in schwarzem 
Lack bei Spiegelrückseiten (Abb. 279) und Musikinstrumenten zeigen. Die Scheide eines 
Schwertes des Kaisers Shomu soll mit schwarzem Lack, in den Perlmutter- und unter- 
malte Bernsteinsplitter eingelegt waren, überzogen gewesen sein. Der dünn geschliffene 
und durchsichtige Bernstein ist bei einzelnen Einlagen farbig untermalt (8.479). Diese 
Kunstart scheint mit dem Aufhören des Tangstiles außer Mode gekommen zu sein. 
Der Bernstein blieb stets ein begehrter Schatz, aber nur als Naturprodukt wie 
der Edelstein, weniger als Material für künstlerische Verarbeitung. 
ı) Laufer, Historical jottings on Amber in Asia. Memoirs of the American Anthro- 
pological Association, Lancaster, 1907, S. 211—244. Laufer hat mit großem Fleiß alle 
einschlägigen Stellen in der chinesischen und europäischen Literatur zusammengestellt. 
Ich bringe in kurzen Worten die Ergebnisse seiner Forschung und verweise für die 
genauere Begründung auf seine Ausführungen. — Hürth, Die chinesische Porzellan- 
industrie im Mittelalter, Chines. Studien, S. 58, Araber handelten im heutigen Palemberg 
auf Sumatra und in Atchim mit China auch Bernstein und Elfenbein im 13. Jahrhundert. 
2) Annalen der älteren Handynastie (Ch’ien Han shu), geschrieben von Pan Ku, 
der 92 starb und dann von seiner gelehrten Schwester Pan Chao vollendet. 
3) Abbildungen eines Rosenkranzes mit 108 Bernsteinperlen und Jadeithängern 
aus dem kaiserlichen Sommerpalast zu Peking, Bushell, Chinese art, Bd. I, Fig. 96. 
4) Farbige Abbildung von Spiegeln mit in schwarzen Lack eingedrückten Mustern 
aus Perlmutterstückchen und rotem Bernstein, nach Kokka Yoho, in Münsterberg, 
Japanische Kunstgeschichte, Bd. II, Tafel IV. 
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