Peking — Himmelstempel 47
Unter den Tem-
peln Pekings ist der
heiligste, berühm-
teste und eigen-
artigste der Him-
melstempelin
der Südstadt.) Im
Innern eines un-
seheuren Park-
areals, das von
einer Mauer von
srünen Ziegeln um-
kreist ist, befindet
sich die Tempel-
anlage. Inmitten
eines künstlich an-
gelegten Zedern- Abb. 65 Kassettierte Holzdecke auf Säulen mit Gemälden an den Wänden,
: ; Männerstatuen im Inneren des Taishantempels in Tainganfu, Shantung
haines erhebt sich (Aus: Hesse-Wartegg, Shantung und Deutsch-China) a,
der dreistöckige Text s. 8.48
runde Day auf
einer Marmorterrasse (Abb. 62). Er ist ursprünglich ‚unter Kaiser Kienlung
im 18. Jahrhundert ausgeführt, aber durch einen Blitz vor mehreren Jahren be-
schädigt und dann genau im alten Stile wieder aufgebaut. Der Kaiser opferte
hier jedes Jahr im Frühlin.. Das Dach ist mit tief kobaltblauen Ziegeln be-
deckt und von einer vergoldeten Kugel bekrönt. Während der Zeremonien ist
im Innern alles blau. Die Opiergefäße sind aus blauem Porzellan, die Anbetenden
sind blau gekleidet, über den Türen und Fenstern hängen dünne, durch Schnüre
zusammengehaltene Stäbe von venezianischem blauem Glas.
Wir finden hier wieder die Symbolik der Farben. Im Himmelstempel ist alles
blau, im Tempel der Erde ist alles gelb. Auch die Form ist symbolisch. Rund
ist der Himmel und quadratisch die Erde, daher ist der Himmelstempel rund
und der Erdtempel quadratisch. Vielleicht ist diese Symbolik erst später unterlegt
und die runde Form war ursprünglich dem runden Zelte des Mongolenfürsten
(Abb. 66) nachgebildet. Wie sein Zelt unter den sonst eckigen als das des Herrschers
weithin an der runden Form zu erkennen war, so wurde diese Formensprache auch
für das Haus des höchsten Gottes gewählt. Es können auch viel ältere Vor-
stellungen in beiden Fällen mitgewirkt haben.
Der Innenraum der Rotunde ist 99 Fuß hoch und ihr falsches Gewölbe (Abb. 63)
wird durch einen Doppelkranz von je zwölf und im oberen Teil durch vier riesige
Zedernholzsäulen, die aus dem Südwesten des Reiches hingebracht sind, gestützt.
Die Säulen (Abb. 64) sind vergoldet und am*Fuß mit dem Muster der hoch-
aufspritzenden Welle und der Nach-
ahmung einer Stoffbekleidung 2) mit
Pflanzenmotiven verziert.
1) Prinz Rupprecht von Bayern,
Reiseerinnerungen aus Ostasien, $.297.
2) Stoffbekleidungen sind noch
heute für besondere Feste üblich, wie
sie auchin der alten Literatur erwähnt
werden. An Felsreliefs und Fresko-
Abb. 66 Mongolenzelte in runder und eckiger form malereien finden wir die Stoffdrape-
(Aus: Favier, Peking) rien nachgeformt.