54 Paläste und Tempel
aber bereits 1786 war sie außer Betrieb, und das Wasser wurde durch Menschen-
hände befördert. Von den Jesuiten Attiret und Castiglione waren tönerne Ver-
zierungen geschaffen für Springbrunnen, ferner Reliefwanddekorationen mit Trophäen,
Helmen und Schildern, Balustraden mit Blumenvasen und dergleichen mehr,
auch ganze Gärten im charakteristisch italienischen Stil (Abb. 70). Mehrere
Paläste wurden nach europäischem Vorbilde und in reinster Steinkonstruktion
ausgeführt (Abb. 71 und 72).
Auch ein Wasserbecken (Abb.74)
erinnert trotz der chinesischen
Einzelmotive an italienische
Vorbilder. Eine Fassadenruine
(Abb. 73) von einem fran-
zösischen Architekten ist noch
so weit erhalten, daß der euro-
päische Einfluß und die kunst-
volle Ausführung deutlich zu
erkennen sind.
Westlich von diesem Palast
liegt die kaiserliche Som-
merresidenz Wanshoushan,
„Tausend Freuden Berg“, an
dem kleinen See Kunminghu
(Taf. I, Abb. 75-78). Der
größere Teil der in dem um-
fangreichen Parke gelegenen
Gebäude ist ebenfalls 1860 zer-
stört worden, aber in den
letzten Jahrzehnten hat die
verstorbene Kaiserinregentin
dort ihren Sommeraufenthalt
genommen, und für ihren Ge-
brauch sind eine größere An-
zahl neuer Gebäude errichtet
worden, die sich allerdings weder
an Ausdehnung und Zahl noch
an Pracht und Geschmack mit
dem, was früher dort vorhanden
war, messen können (Abb. 30).
ni
Abb. 74 Wandbrunnen, Löwe mit Halsband mit Glocken, darüber z Am Hange u isolierten
Wasserschale, im Kaiserpalast Peking, wahrscheinlich unter Riückens der westlichen Berge
europäischem Einfluß, 18. Jahrhundert s : s
(Aus: Ogawa, Peking, Bd. 1) baut sich in steiler Terrasse
mit hohen Treppen der massige
Bau auf und reicht bis zum
künstlich aufgestauten See herab. Auf der hochragenden Plattform mit herrlicher
Aussicht erhebt sich ein vierstöckiger, breiter Holzturm, fast von der Gestalt
einer Pagode, und dahinter auf höherer Bergspitze ein zweigeschossiger Tempel
tibetanischen Stiles mit Rundbogenfenstern und glasierten Kacheln.) Rechts
neben der großen Terrasse, etwas niedriger, ist eine kleine Plattform (Abb. 76)
mit einem Gedenkstein in der Mitte und kleinen Pavillons zu beiden Seiten. Das
Landschaftsbild ist großartig und anmutig zugleich (Abb. 78). Die Architekturen
1) Abbildung s. Frönz Rupprecht von Bayern, Ostasien, S. 248.