Steinkammer — Tangzeit — Grabtiere 67
bisher ein hervorragendes Skulpturenwerk von dem Grabe des zweiten Tang-
kaisers Taitsong aus der Mitte des 7. Jahrhunderts bekannt geworden. Auf
sechs Steinplatten (Bd. I, Abb. 122, 123) sind die Lieblingspferde des Kaisers,
die er vor seiner Thronbesteigung in siegreichen Schlachten ritt, in ver-
schiedenen Stellungen eingemeißelt. In lebendiger Bewegung oder edler Ruhe sind
die Pferde mit realistischer Wahrheit ganz vortrefflich wiedergegeben. Leider
scheint vom übrigen Schmuck dieses Grabmales nichts mehr erhalten zu sein. Die
alten Schriften berichten '), daß das Bildnis von Wieh Li und anderen fremden
Prinzen und Führern, die er gefangen oder unterworfen hatte, vierzehn im ganzen,
in der Zeit zwischen 627—649, in Stein gemeißelt und am Grabe innerhalb des
a
Abb. 99 u. 100 Strauße, Steinreliefs vom Grabmal des Kaisers Kaotsong, gestorben 683, Kienling, 7. Jahrhundert
(Aus: Chavannes, Mission archeologique dans la Chine septentrionale)
Torweges aufgestellt wurden. Also neben der traditionellen symbolischen Statuen-
allee finden wir auch Figuren und Tiere zur Erinnerung an Erlebnisse des Toten
in Gruppen aufgestellt.
Andere Steinskulpturen sind vom ‘Grabe des Prinzen Wu Sansseu aus dem
Jahre 707 erhalten (Abb. 98). Dem geflügelten und gehörnten Tiere steht ein
prächtiger Löwe gegenüber.) Es sind monumentale Gestalten, die trotz der be-
ginnenden Stilisierung noch eine gewisse Größe und lebenswahre Kraft bewahrt
haben. Auf meterhohen Quadern als Sockel erheben sich die mächtigen Tiere.
Besonders interessant sind Reliefsteine mit den in China nicht heimischen Straußen
(Abb. 99 und 100). Daß derartige Tiere an einem Kaisergrabe angebracht wurden,
1) De Groot, The religious system of Chine, Bd. I, Disposal of the dead, Part III,
The Grave, S. 826,
2) Abbildung bei Chavannes, Le voyage archeologique en Chine septentrionale,
Paris 1909.