Full text: Die Baukunst. Das Kunstgewerbe: Bronze, Töpferei, Steinarbeiten, Buch- und Kunstdruck, Stoffe, Lack- und Holzarbeiten, Glas, Glasschmelzen, Horn, Schildpatt, Bernstein und Elfenbein (Band 2)

  
70 Grabmonumente 
  
  
durch ein Säulen- 
paar bezeichnet (s. 
S. 23), dann kom- 
men Elefanten und 
viereckige Stelen. 
Diese Anordnung, 
offenbar aus alter 
Zeit überliefert, 
bleibt — mit Aus- 
nahme der Stelen 
— für alle folgen- 
den Grabbauten 
beibehalten, nur 
die Zahl und Aus- 
wahl der Tiere und 
Menschen wechselt. 
Abb.105 Tumulus und Steinbau am Grabe des ersten Mingkaisers Hungwu, Die Sung- 
1368—1399, Nanking 
(Originalaufnahme Franke, Hamburg) 
gräber erscheinen 
klein gegenüberden 
mächtigen Bauten, 
die den einzelnen Mingkaisern errichtet sind. Die alten Sitten der umfangreichen 
Grabbauten bei den Mitgliedern der kaiserlichen Familie und der Großen des Reiches 
wurden damals durch kaiserliche Erlasse, die alles einzelne ausführlich festsetzten, 
geregelt. Diese Zeit der strengsten Etikette, die nicht mehr die Kraft hatte, Neues 
zu schaffen, sondern nur das Alte zu konservieren und dabei oft nur die äußere 
-Form statt des Geistes der Sitte beachtete, schrieb genau vor, wie groß jedes einzelne 
Gebäude für jeden einzelnen Ehrengrad sein sollte. Diesem Kleinlichkeitssinn der 
damaligen Zeit entsprechend, waren allein für die kaiserlichen Prinzen vom ersten 
bis zwölften Grade nicht weniger als sechs ver- 
schiedene Vorschriften. Die Umfassungsmauern des 
Grabplatzes, die Anzahl der Familien, die für das 
Grab zu sorgen hatten, die Zahl der Zimmer im 
Opfertempel, die Öffnungen im Torbogen, die }Di- 
mensionen und Entfernungen der Gebäude usw. 
mußten jenach dem Grade des Prinzen verschieden 
sein. Die Tore wurden nur bei dem Prinzen des 
ersten Grades vergoldet, bei seinem Sohne oder 
dem des zweiten Grades in fünf Farben gemalt 
und bei niederem Grade nur rot angestrichen. 
Die Anzahl der Figuren in der Statuenallee war 
bei den Mandarinen nach dem verschiedenen Range 
genau angegeben. Der vornehmste Adel bis zum 
zweiten Grade durfte Männer, Pferde, Tiger, Schafe 
und ‚Säulen paarweise haben, dagegen bei dem 
Mandarin dritten Ranges fehlten die Männer, bei 
dem vierten Range die Männer und die Schafe, 
und bei dem fünften die Männer und die Tiger, 
während die Schafe wieder erlaubt waren. ‚? + 
Dem Geiste dieser Vorschriften war auch die 
künstlerische Ausführung angepaßt. Korrekt und 
gewissenhaft, umfangreich und kostbar wurde 
alles gebaut, aber es fehlt jeder individuelle Zug 
  
  
Abb.106 Insehrifttafel auf Schildkröte 
in Halle an der Straße zum Ming- 
grabe, Nanking 
(Originalaufnahme 8. K. Hoheit des 
Prinzen Rupprecht von Bayern, 1903) 
  
  
  
 
	        
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