Lehre vom Licht.
1004
Wenn die Dämpfe nicht alle Farben emittiren, so kann ihr Licht auch nicht
weiss erscheinen und die Thatsache, dass man auf diese Weise gefärbte Flammen
erzeugen kann, war den Feuerwerkern längst bekannt. Es hatten auch Physiker
bemerkt, dass die durch verschiedene Salze gefärbten Flammen verschiedene Spektra
geben. Dass aber ‘jede Substanz ihr besonderes Spektrum giebt und immer ein
und dasselbe Spektrum geben muss, so dass ihre Anwesenheit oder Abwesenheit
daran erkannt werden kann, das sprachen erst 1559 Kirchhoff und Bunsen aus
und wurden so Begründer der Spektralanalyse.
c. Beziehungen zwischen Licht und Wärme.
Bevor wir uns zur Besprechung der Spektralanalyse wenden, wollen wir einige
Hypothesen über das Entstehen der Lichtemission ausführen, die in ihren Folgerungen
viele der Erscheinungen erklären.
Nach der mechan. Wärmetheorie sind die kleinsten Theile der Materie, die
Moleküle, in steter Bewegung begriffen, deren Grösse von der T’emperat. abhängt,
mit ihr zunimmt. Bei dieser Molekularbewegung beschreiben die Molek. fester und
flüssiger Körper ihre Bahnen um feste Zentren, wobei sie ausserordentlich oft
zusammen stossen, da sie sich relat. sehr nahe sind. In Gasen liegen die Molek.
weit aus einander, schwirren regellos umher und stossen nur relat. selten zusammen.
Die Molek. sind zusammen gesetzt aus Atomen; und zwar enthält wahr-
scheinlich jedes Molek. eine sehr grosse Anzahl von Atom. Bei den Zusammenstössen
der Molek. werden diese erschüttert, und die Atome gerathen in Vibrationen, die durch
die Masse und den Aufbau des Molek. wie durch die zwischen den Atomen wirkenden
Kräfte bedingt sind. Jedenfalls sind in jedem Molek. von gegebener Beschaffenheit
auch die Arten der möglichen Schwingungen, die Schwingungszahlen, gegeben. Es
brauchen aber durch einen Stoss nicht alle möglichen Schwingungen hervor gerufen
zu werden. Zwischen den Molek. und Atomen befindet sich der Lichtäther, der
wie sie mit verdichteter Atmosph. umgeben wird. Bei der geradlinigen Fortbewegung
der Molek. wird die ganze Aetherhülle mit fortgetragen; bei den Schwingungen
der Atome dagegen geräth der Aether selbst in Schwingungen und diese müssen
sich fortpflanzende Wellen erzeugen, die uns als Licht erscheinen.
Mit steigender Temperat. werden die Molekular- Bewegungen schneller, die
Zusammenstösse stärker; daher wird auch die Atombewegung lebhafter. Analog
mit akustischen Verhältnissen, und um den Thatsachen Rechnung zu tragen,
müssen wir annehmen, dass je lebhafter die Zusammenstösse sind, desto schnellere
Schwingungen der Atome erzeugt werden. Dann ergiebt sich sofort, dass bei
Temperat.- Steigerung immer kürzere Wellenlängen emittirt werden.
d. Entstehung verschiedener Spektra.
Durch einen Zusammenstoss zweier Molek. werden alle denkbaren Schwingungen
der Atome angeregt; sie verschwinden jedoch sofort bis auf die Eigenschwingungen
des Systems, die allein sich längere Zeit erhalten. Wenn daher die Zusammen-
stösse ungemein zahlreich sind, wie es z. B. bei den festen glühenden Körpern
der Fall ist, so können sich die Eigenschwingungen nicht frei ausbilden; es sind
alle möglichen Schwingungen vorhanden und das emittirte Licht giebt ein kon-
tinuirl. Spektrum.
Bei den Dämpfen finden die Zusammenstösse in grossen Zwischenräumen statt;
hier kommen die Eigenschwingungen zur Geltung; jeder Dampf zeigt sein besonderes
Spektrum von hellen Linien, deren Wellenlängen den Schwingungszahlen der Atome
entsprechen, wir haben ein sogen. Linienspektrum.
Zwischen den beiden Grenzfällen des kontinuirl. und des Linienspektrums
giebt es noch eine Mittelstufe, das Bandenspektrum, oder kannelirte
Spektrum, welches auf folgende Weise zu erklären ist:
Während bei festen Körpern die Moleküle sehr komplizirt gebaut sind, aus
sehr vielen Atomen bestehen, werden sie bei steigender Temperat. durch Zerfallen
immer einfacher, wenn auch der ideelle Grenzfall, dass bei Elem. die Atome einzeln
vorhanden sind, wohl nie erreicht wird. Je komplizirter der Molekularbau, um so
mehr verschiedene Eigenschwingungen sind möglich, aus um so mehr Linien besteht
das Spektrum. Die Erfahrung lehrt, dass dabei immer eine ganze Anzahl dicht
neben einander liegender Schwingungszahlen vorhanden ist, die sich um eine