Full text: Hülfswissenschaften zur Baukunde (Abtheilung 1, Band 1)

  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
Grundzüge der Baurechts- und Baupolizei-Wissenschatften. 
p. Zeitdauer. Man hat zu unterscheiden: die gewöhnliche, ausser- 
ordentliche und ungewöhnliche Verjährung; auch sind in den einzelnen 
Rechts-Gebieten besondere Zeitfristen maassgebend. 
Die gewöhnliche vollzieht sich nach gemeinem Recht bald auf Grund 
des römischen Rechts in 3 Jahren für bewegliche, in 10 oder 20 Jahren für 
unbewegliche Sachen, während durch Gerichtsgebrauch in den Ländern des 
sächsischen Rechts das Zeitmaass verändert ist und für den Erwerb beweg- 
licher Habe Ablauf von Jahr und Tag (d. h. einer Frist von 1 Jahre 6 Wochen 
und 3 Tagen), für Grundstücke dagegen der Ablauf von 3 Jahren 6 Wochen u. 
3 Tagen angenommen wird.!) Nach preuss. Landrecht wird sie durch Besitz in 
10 Jahren vollendet. Diese Frist fängt an mit dem Augenblicke, wo der Besitz 
durch das Zusammentreffen der Besitz-Ergreifung mit dem Willen erworben ist, 
bei der Ersitzung einer Abgabe — wenngleich die Abgabe alljährlich postnume- 
rando abgeführt ist — nicht mit dem Anfange des Jahres, für welches sie 
zuerst o„eeeben worden, sondern mit dem Tage der ersten wirklichen 
Entrichtung. Sie wird zum besten moralischer Personen, insofern diese nicht noch 
besser privilegirt sind, immer verdoppelt, und gegen Personen, welche abwesend 
sind, wird die 1 Jahr und darüber dauernde Zeit ununterbrochener Abwesenheit 
auf die Hälfte gerechnet, auf Abwesenheiten unter 1 Jahr aber keine Rück- 
sicht genommen. Zwischen beweglichen und unbeweglichen Sachen wird kein 
Unterschied gemacht. — Zur ausserordentlichen Verjährung hat die erkannte 
Nothwendigkeit geführt. Da es im Verkehrsleben nicht selten vorkommt, dass 
bald gar kein Titel, oder wenigstens kein gültiger Titel des Besitzers nachgewiesen 
werden kann, so kommt das Gesetz in der Art zu Hülfe, dass Ablauf längerer 
Jahre dieselbe Wirkung erzeugt, die sonst die 10 Jahre hatten, d.h KErsitzung 
herstellen. Redlichkeit ist auch hierbei nothwendiges Erfordernis. Nach röm. 
Rechte werden 30 oder 40 Jahre, nach preuss. Landrecht stets 30 Jahr erfordert. 
Unter ungewöhnlicher Verjährung ist endlich eine solche zu verstehen, 
deren Lauf aus besonderen Gründen mehr als die allgemein gesetzliche Zeit bedarf. 
Solche Gründe sind bald en Verjährungs-Privileg, welches im gemeinen 
Recht Staat und Kirche, im preuss. Recht ausserdem noch Armen- und Schul- 
anstalten, nicht aber die Städte als solche an sich haben, und gegen die sich 
die Verjährung dort in 40, hier in 44 Jahren vollzieht, bald die Beschaffenheit 
des zu ersitzenden Gegenstandes. So können Gerechtigkeiten, welche un- 
ständig, nur bei besonderen Gelegenheiten ausübbar sind, z. B. auf Ausbesserung 
eines Gebäudes oder Wegebesserunge nach röm. Recht nur durch Ausübung sei 
unvordenklicher Zeit, nach preuss. Recht durch Ausübung während der 
letzten 40 Jahre bei allen gebotenen Gelegenheiten, deren Zahl jedoch wenigstens 
3 gewesen sein muss, ersessen werden. Hierher fällt auch im preuss. Land- 
rechts-Gebiete die Erwerbung der Steuerfreiheit für öffentliche Abgaben durch Nicht- 
zahlung während 50 Jahren ?), sowie die Erlangung der Sicherheit gegen fiskalische 
Ansprüche durch Berufung auf das Normaljahr’), d. h. darauf, dass solche 1740, 
(bezw. in Westpreussen 1797 und in der Rheinprovinz 1815) noch nicht be- 
standen haben, bezw. wenigstens nicht eingefordert seien. 
3. Voraussetzungen. 
Uebrigens kann nicht jede Sache ersessen werden. Während die römische 
Ersitzung nur den Erwerb von Eigenthum und dinglichen Rechten an körperlichen 
Sachen vermittelt, erstreckt sich die preussische darüber hinaus auf Rechte 
jeder Art, auch wenn sie keinen Bezug auf körperliche Sachen haben, z. B. zur 
Führung einer fremden Firma.*) Sie erstreckt sich jedoch nur auf privatrechtliche 
Befugnisse. Der Ersitzung entzogen sind also öffentliche Sachen und Rechte. 
Weitere Bedingungen für die Ersitzung sind: 1) wahrer, d. h. vollständiger 
Besitz; 2) euter Glaube, d. h. man darf das bessere Recht eines Anderen beim 
Erwerb nicht kennen, während eine nachträgliche Erlangung dieser Kenntniss 
nicht schadet: 3) Justus titulus, d. h. ein Titel, der an sich zur Erlangung des 
Eirenthums geschickt ist; 4) gehörige Fortsetzung bis zur Vollendung. 
  
I) Z. B.: Nürnb. Reform IH. 16, 9. Lüneb. Stadtr. 2, 9. Hadeler Landr. 2, 18. Man vergl. 
dazu Gerber. System des deutschen Privatrechts $ 101. 2) A. L.-R. I. 9 $$ 656—659. — 9) A. 
I. 9 8$ 641—647 mit Ges. v. 18. Dez. 1831. — % H. G. B. Art. 22, 23, 
  
     
  
   
   
   
   
  
  
    
   
  
    
  
  
    
  
   
   
   
    
   
   
  
   
   
   
    
    
    
    
  
  
  
   
   
    
   
  
    
   
    
   
   
   
   
    
   
  
  
  
  
  
    
   
  
    
    
   
   
    
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