Full text: Hülfswissenschaften zur Baukunde (Abtheilung 1, Band 1)

  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
Gründzüge der Baurechts- und Baupolizei-Wissenschaften. 
2. Zeugen. 
Es sollen dies unbetheiligte Personen sein, welche dem Richter etwas von 
ihnen selbst Wahrgenommenes mittheilen. Sie haben ihre Aussage meist zu be- 
eiden. Ihre Vernehmung erfolgt im Beisein der Parteien durch das Gericht. 
Der Zeugniss-Pflicht kann man sich nur unter gewissen gesetzlichen Voraussetzungen 
entziehen. Auf einen vorgeschlagenen Zeugen darf man nur bis zu Beginn seiner 
Vernehmung verzichten. Vorgeschlagen kann der Zeuge auch über andere, als 
die in sein Wissen gestellten 'Thatsachen vernommen werden. 
3. Sachverständige. 
Von ihnen wird die zur richtigen Beurtheilung eines gewissen Sach-Verhalts 
erforderliche, besondere Sachkenntniss verlangt, durch welche sie das in dieser 
Hinsicht mangelhafte Erkenntniss-Vermögen des Richters unterstützen sollen. Ihre 
Auslassung, die beeidet werden muss, heisst Gutachten; ihre Auswahl hängt vom 
Ermessen des Richters ab, der dabei an die Parteien-Vorschläge nicht gebunden ist. 
Ein Sachverständiger kann nur aus gleichen Gründen, wie ein Richter, abgelehnt 
werden!) und darf, wenn er sich zur Erstattung von Gutachten vor Gericht bereit 
erklärt hat, oder für solche Gutachten öffentlich bestellt ist, oder seinem Berufe 
nach die erforderliche Sachkenntniss besitzt Abgabe des Gutachtens nur aus den- 
selben Gründen verweigern, aus dehen ein Zeuge das Zeugniss weigern darf. Solche 
Gründe sind, wenn man: 1. in der Sache selbst Partei ist, oder betreffs dieser zu 
einer Partei in dem Verhältnisse eines Mitberechtigten, Mitverpflichteten oder 
Regrespflichtigen steht; 2. Ehemann der Partei oder 3. mit der Partei in gerader 
Linie verwandt, verschwägert oder durch Adoption verbunden, in der Seitenlinie 
bis zum 3. Grade verwandt oder bis zum 2. Grade verschwägert ist, auch wenn 
die Ehe nicht mehr besteht; 4. Prozess-Bevollmächt. oder Beistand oder gesetzlicher 
Vertreter der Partei ist; 5. Zeuge oder Sachverständiger ist; 6. in einer früheren 
Instanz mitwirkte. Wie der Richter, kann auch der Sachverstdige auf Antrag 
der Partei weren Besoreniss der Befangenheit abgelehnt werden. Das Gutachten 
darf schriftlich erstattet werden und ist angemessen zu vergütigen.?) 
4. Urkunden. 
Man unterseheidet öffentliche, d. h. vom Gericht, einer Behörde, Notar oder 
einer sonstiren mit öffentlichem Glauben ausgestellten Person zu Stande gebrachte, 
von Privat-Urkunden. Letztere bedürfen wieder des Beweises ihrer Echtheit, 
der durch Eid geführt werden kann. Beweiskräftig sind nur die Urschriften oder 
Ausfertigungen, dagegen jedenfalls nicht unbeglaubigte Abschriften. Zu ihrer 
Vorlesung sind die Parteien jedenfalls verpflichtet. Unter Umständen können auch 
dritte Unbetheiliete im Weee eines besonderen, geren sie gerichteten Verfahrens 
(Editions-Verfahren) zur Vorlegung ihnen gehöriger Urkunden gebracht werden. 
Uebrieens haben nicht blos Schriftstücke, sondern auch andere Gegenstände, z. B. 
Zeichnungen, Pläne, Kerbhölzer unter Umständen Urkunden - Eigenschaft. 
5. Eid. 
Durch feierliche Wort-Formel (Anrufung Gottes zum Zeugen der Wahrheit 
und Rächer der Unwahrheit) bekräftigtes Partei-Vorbringen soll der Richter für 
wahr halten, sobald er diesen Eid selbst abnahm. Man unterscheidet den frei- 
williven (welcher wieder ein zugeschobener oder zurück geschobener sein 
kann) von dem nothwendigen, welchen der Richter zur Ergänzung mangelhaften 
Beweises fordert, auf welchen deshalb zu erkennen ist und dessen Abnahme nur 
auf Grund eines Urtheils erfolgen kann. Er ist ein Wahrheits-Eid, wenn er 
dahin geht, dass eine Thatsache wahr oder unwahr sei, oder ein Ueberzeu 
eunes-Eid, dass man die Thatsache für wahr halte. 
6. Beweispflicht. 
Derjenige muss beweisen, welcher eine Thatsache vorgebracht hat, also der 
Kläger die Klage, der Beklagte die Einwands-Behauptungen. Verabsäumt er solches, 
so wird sein Vorbringen für nicht angebracht, bezw. die Thatsache als widerlegt 
aneesehen. Welche Thatsachen und durch welche Mittel sie zu beweisen seien, 
sowie wen die Beweis-Last treffe, hat auf Grund der Haupt-Verhandlung der Richter 
durch Beschluss (Beweis-Beschluss) auszusprechen. 
1) C.-Pr.-O. $ 371 mit SS 41. 42 2) Ebenda $ 378. 
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