Full text: Eisen und Eisenkonstruktionen in geschichtlicher, hüttentechnischer und technologischer Beziehung (Abtheilung 1, Band 2, Heft 1)

   
  
  
  
Darstellung des Eisens. 
IV. Flusseisen - Erzeugung. 
Es kommen hier die Darstellungs- Arten von Bessemer, Thomas und 
Martin, sowie die Erzeugung von Tiegel-Flussstahl in Betracht. Die 
behufs Umwandlung der Roherzeugnisse in Stahlguss - Waaren nothwendigen 
Formgebungs-Arbeiten werden unter © beschrieben. 
a. Allgemeiner Verlauf des sauren oder Bessemer-Verfahrens. 
Der gewöhnlich 5—7 t betragende Roheisen-Einsatz wird meistens in 
Kupolöfen geschmolzen; die unmittelbare Entnahme aus dem Hochofen ist 
wenig gebräuchlich. Die Birne wird inzwischen mit Hilfe eines in ihr 
durch schwachen Windstrom vom Gebläse aus unterhaltenen Kokesfeuers bis 
zur Rothgluth erhitzt, sodann derart umgekippt, Fig. 90, dass man das ge- 
schmolzene Roheisen vom Ofen aus durch deu offenen Hals der Birne bei A 
einlaufen lassen kann. Nachdem die Füllung ausgeführt ist, wird die Birne 
wieder aufgekippt, so dass ihr Hals unter einen Rauchfang zu stehen kommt, 
welcher zum Auffangen der Gase, sowie des Funken-, Schlacken- und Eisen- 
auswurfs bestimmt ist. Gleichzeitig, bevor das flüssige Roheisen den mit Oeff- 
nungen — Düsen — versehenen Birnenboden berührt, wird auch das Gebläse 
angelassen und dadurch der atmosphär. Luftstrom durch das Metallbad getrieben. 
Damit hat das Frischverfahren seinen Anfang genommen. Der Verlauf desselben 
ist im allgemeinen bekannt (S. 4). u. 
Anfänglich sieht man einen nicht selbst leuchtenden, sondern nur von 
innen roth durchscheinenden Gasstrom austreten, der sich allmählich in eine 
selbstleuchtende orangefarbene Flamme verwandelt, die mit blauen Streifen 
untermischt und von einer weissen Hülle umgeben ist. Die Flamme gewinnt 
Fig. 9. in dieser ersten Periode, der Fein- 
periode oder Schlackenbildungs - Pe- 
riode (von etwa 10—12 Min. Dauer), 
in Folge der Verbrennung von Silicium, 
Mangan und Eisen zusehends an Leucht- 
kraft und führt weissglühende Eisen- 
und Schlackentheilchen mit sich. In 
der 2. Periode geht durch das in die 
Schlacke übertretende Eisenoxyd-Oxy- 
dul die Entkohlung so heftig und 
plötzlich vor sich, dass in stark leuch- 
tender, beinahe weisser Flamme ganze 
Garben von Eisen und Schlacke aus- 
geworfen werden, wobei die flüssige 
Masse der Birne in heftige Wallungen 
geräth. Daher nennt man die Rohfrisch-Periode hier auch Koch- oder 
Eruptions-Periode. In der nun folgenden letzten, der Garfrisch- 
oder Entkohlungs-Periode, nimmt die Flamme ihren höchsten Glanz an; 
sie wird ruhiger und durchsichtiger, zeigt blaue und violette Streifen und 
verschwindet allmählich fast ganz, wodurch sich das Ende der Entkohlung 
anzeigt. 
Das im Verlaufe des Satzes (der Charge) zu beobachtende Spektrum der 
Bessemer-Flamme (S. 45) ist in allen seinen verschiedenartigen Erscheinungen 
zur Zeit wissenschaftlich noch nicht endgültig festgestellt. Im wesentlichen 
zeigt sich ein Mangan-Spektrum, dem die Linien des Eisens und der aus dem 
feuerfesten Futter herrührenden Alkalien beigemengt sind. Man betrachtet das 
Verfahren als beendet, wenn bestimmte Linien im grünen Felde, gewöhnlich 
die Kohlenstoff-Linien genannt, verschwinden. In diesem Augenblick wird vor- 
nehmlich, um den verlangten Kohlenstoff-Gehalt des fertigen Erzeugnisses zu 
erzielen, ein Zusatz von hoch gekohltem Eiseu, d. i. Spiegeleisen 
oder Ferro-Mangan beigemischt. Dadurch geräth das Bad für kurze Zeit 
wieder in lebhaftes Kochen, so dass plötzlich eine hell leuchtende Flamme von 
verbrennendem Kohlenoxyd aus dem Halse aufsteigt, oder in einzelnen Fällen 
sogar eine Gasexplosion erfolgt. Dies Verfahren nämlich, die Entkohlung so 
  
   
  
  
  
  
  
     
   
        
  
    
  
  
  
  
  
   
   
  
  
  
  
  
  
  
   
   
     
    
    
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
    
  
  
    
	        
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