Full text: Eisen und Eisenkonstruktionen in geschichtlicher, hüttentechnischer und technologischer Beziehung (Abtheilung 1, Band 2, Heft 1)

  
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Flusseisen-Erzeugung. 113 
Chromstahl zu Werkzeugen enthält selten mehr als 1 %, meistens nur 
0,3—0,5% Chrom, bei einem Kohlenstoff-Gehalt von etwa 1%, Für Tragwerks-Theile, 
von denen hohe Elastizität und Festigkeit verlangt wird, ist der Chromstahl 
viel empfohlen worden. Es unterliegt jedoch wohl kaum einem Zweifel, dass 
Chrom vor dem Wolfram keinerlei Vorzüge besitzt!). 
Wolframstahl pflegt 2—5%, mitunter sogar 9% Wolfram zu enthalten. 
Er wird besonders für die Herstellung von. Werkzeugen zur Bearbeitung ganz 
harter Metalle, sowie zur Anfertigung von Magneten verwendet. Titan soll 
denselben Nutzen leisten wie Wolfram; indessen findet man in angeblichen 
Titanstahl-Sorten kein Titan, sondern nur Wolfram. 
Der Kohlenstoff-Gehalt im Tiegel-Gussstahl pflegt bei Feilen, Grabsticheln, 
harten Drehstählen u. dgl. 1-15 %, bei Gewindebohrern, Schneidbacken, Reib- 
ahlen usw. 0,8—1%, für Prägstempel, Meissel etwa 0,75% zu betragen. Guter 
Tiegel-Gussstahl wird bezüglich seiner hohen Gleichmässigkeit, Elastizität und 
Festigkeit von keiner andern Stahlsorte übertroffen. Ausser zu Werkzeugen, 
(reschützen, Glocken (8. 43) eignet er sich sehr für solche Theile von Maschinen, 
Brücken u.dgl., welche durch unmittelbaren Formguss hergestellt werden können 2 
2. Der Flammofen-Gussstahl aus Martin-Metall dient vorzugsweise 
für solche Gegenstände, welche nicht die hohe Elastizität des Tiegel-Gussstahls 
bedürfen. Das sind meistens grössere Gegenstände, deren Kohlenstoff-Gehalt 
zwischen 0,3—0,5% zu liegen pflegt, als Eisenbahn-Bedarftheile, Maschinentheile usw. 
Martin-Eisen:. mit einem Kohlenstoff-Gehalt von etwa 3% und weniger ist 
heute ein geschätzter Stoff für Tragwerkstheile, welche eine grössere Festigkeit 
als Schweisseisen besitzen müssen, aber nicht geschweisst zu werden brauchen, 
als: Nieteisen, Hufstabeisen, Wellen, Achsen, Draht u. dgl., ferner Bleche für 
Schiffe und Dampfkessel usw. Das Martin-Eisen ist demnach ein starker 
Nebenbuhler sowohl des Schweisseisens als auch der gewöhnlichen Sorten 
des Tiegel-Gussstahls. 
3. Das Bessemer- und Thomas-Metall wird wegen seines grossen 
Gehalts an eingeschlossenen Gasen zum unmittelbaren Formguss nur ausnahms- 
weise verwendet. Dagegen ist es, namentlich wegen der Möglichkeit seiner Massen- 
darstellung, der bevorzugteste Stoff für die Herstellung grober Gegenstände 
des Eisenbahn - Bedarfs, insbesondere der Schienen, geworden. 
Das kohlenstoffarme Thomaseisen, welches hauptsächlich in Folge des 
Nachblasens bei seiner Darstellung (S. 93). fast stets sehr rein ausfällt, sich 
durch Zähigkeit und Dehnbarkeit, bei geringer Härte und meistens auch durch 
leichte Schweissbarkeit auszeichnet, findet zur Zeit zur Herstellung von solchen 
Blechen und andern Handelseisen-Sorten, für welches früher das beste und 
phosphorfreieste Schweisseisen benutzt wurde, vielfach Verwendung. 3/, des zur 
Zeit erzeugten Thomas-Metalls sind sogen. Fluss-Schmiedeisen mit weniger als 
0,27% Kohlenstoff-Gehalt. 
Die Erzeugnisse der Kleinbessemerei erscheinen besonders geeignet, 
in die Form des gewöhlichen Handelseisens übergeführt zu werden; sie werden 
dazu beitragen, das hierfür bislang fast ausschliesslich zur Verwendung ge- 
langende Schweisseisen rascher zu verdrängen. 
4. Von der Martinschlacke (S. 93) und der Schlacke des sauren Bessemer- 
Verfahrens macht man in der Regel keinen besondern Gebrauch. Dagegen 
finden die phosphorreichen Thomas-Schlacken, bezw. die daraus dargestellten 
Phosphate als Düngemittel Verwendung). Es sind in neuerer Zeit auch Versuche 
gemacht worden, dieser Schlacke die Phosphorsäure auf geeignete Weise behufs 
Wiederverwendung zu entziehen). 
!) Leo. Ueber die Herstellung und Verwendung des Chromstahls. Stahl u. Eisen 1887, S. 142, 
2) Ueber Nitkelstahl vergl. Dingler’s Polyt. Journ. 1886, Bd. 262, S. 233. 
3) Ueber die Nutzbarmachung der beim basischen Entphosphorungs-Prozesse fallenden 
Schlacke in der Landwirthschaft. Stahl und Eisen. 1882. S. 303. — Daselbst. Zum Verbrauche 
undzur Werthbestimmung von Thomas-Schlacken. 1885, 8.593. — Frank. Ueber den Werth u. die 
Verwendung des Thomas-Schlackenmehls f. d. Ackerbau. Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ingen. 1887, S. 9, 
BückinguLinck Ueber die Zusammensetzung der Thomasschlacke. Stahl u. Eisen 1883, 8.245, 
4) Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ingen. 1884, S. 206. 
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