Full text: Eisen und Eisenkonstruktionen in geschichtlicher, hüttentechnischer und technologischer Beziehung (Abtheilung 1, Band 2, Heft 1)

  
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Geschichtliches und Allgemeines. 
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
    
  
  
  
  
  
  
  
   
   
  
   
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
   
  
     
nisses zu ergründen. Es ist aber nach dem heutigen Stande der Technik noch 
nicht möglich, aus der Kenntniss der chemischen Eigenschaften einen sichern 
Schluss auf die physikalischen zu ziehen und eben so wenig das Umgekehrte. 
Schienen z. B., welche nach dem nämlichen Verfahren, aus den nämlichen Roh- 
stoffen und in einer und derselben chemischen Zusammensetzung hergestellt 
wurden, weisen oft verschiedenartige physikalische Eigenschaften auf. Noch 
auffälliger erscheint der Unterschied in den Eigenschaften bei solchen Eisen- 
sorten, welche auf verschiedene Weise dargestellt worden sind, obwohl sonst 
ihre chemische Zusammensetzung eine völlig überein stimmende ist. Die 
Unterschiede treten meist bei der Verarbeitung oder im Gebrauch zu Tage; 
auch können 2 solcher Vergleichsstücke. nach vollständig gleichmässiger Be- 
handlung durch Hämmern, Walzen usw. sich ganz ungleich verhalten, wenn 
sie einer Formveränderung durch Zug, Druck oder Schlag ausgesetzt werden. 
Um eine Erklärung dieser Widersprüche zu versuchen, hat man in der Neuzeit 
angefangen, das Gefüge des Eisens, wie oben bereits erwähnt, mikro- 
skopisch zu untersuchen und ist auf diesem Wege zu überraschenden 
Aufschlüssen gelangt, welche weder durch chemische noch mechanisch-techno- 
logische Proben erlangt werden können. Die aus der mikroskopischen Betrach- 
tung des Gefüges herzuleitenden Eigenschaften des Eisens sollen erst weiterhin 
besprochen werden. 
b. Aeltere und neuere Festigkeits-Versuche. 
Versuche über die Festigkeit der Baustoffe, insbesondere auch des Eisens, 
reichen bis in das 17. Jahrhundert zurück!). Zu den vorzüglicheren älteren 
Versuchen gehören diejenigen von Lanis; nach diesen zeigen die Metalle eine 
in folgender Ordnung abnehmende Festigkeit: Stahl, Eisen, Kupfer, Silber, Gold, 
Zinn und Blei. Dann sind die Versuche von Musschenbrock zu nennen, 
welche auch von Eytelwein in dessen Statik (1808) ausführlich mitgetheilt 
werden. Eine mehr praktische Bedeutung gewinnen die Festigkeits-Versuche 
nach erfolgter Grundlegung der Baumechanik durch Navier (1785—1836). 
Wesentlich auf Navier’s Theorien stützten sich die ausgezeichneten älteren 
Versuche von Barlow, Telford, Rennie, Prony, Rondelet, Tredgold, 
Bevan, Duleau, Dufour, Lagerhjelm u. a., über welche Burg in den 
Jahrbüchern des k. k. polytechnischen Instituts in Wien (1824—1839) eingehend 
berichtet hat. Der französische Ingenieur Vicat?) machte 1834 zuerst Dauer- 
versuche mit Drähten. Unter den ältern deutschen Versuchen sind diejenigen 
vonG@erstner (1756—1832) und Brix, mit Eisendraht angestellten, hervor zu 
heben. Die Versuche von Stephenson, Fairbairn und Hodgkinson, 
ausgeführt um 1840—1846, bei Gelegenheit der Erbauung der Britannia-Brücke 
(S. 37), schliessen die ältern Bestrebungen in würdiger Weise ab. 
England hat sich im weitern Verlaufe auch auf diesem Gebiete der Eisen- 
kunde die Führerschaft nicht nehmen lassen. Schon in den Jahren 1848—60 
gebrauchte Hogdkinson bei seinen Vorträgen an dem University College in 
London eine Maschine zur Vornahme von Festigkeits-Proben 3). So weit be- 
kannt, sind in England auch die ersten öffentlichen Anstalten Privater zur Prüfung 
von Eisen und Stahl eingerichtet worden. Die Untersuchungen des Vorstehers 
einer solchen Privat- Anstalt, des englischen Ingenieurs David Kirkaldy, 
deren Ergebnisse er 1862 in seinem unter den Litteratur- Angaben genannten 
Werke niederlegte, darf man mit Recht als ersten bedeutenden Schritt der 
neuern Zeit auf dem Wege zur genauen Erforschung der technischen Eigen- 
schaften von Eisen und Stahl bezeichnen. Kirkaldy stellte in systematischer 
Weise Zerreiss-Versuche mit über tausend Eisen- und Stahlsorten von mannig- 
facher Güte und Gestalt an; er ermittelte dabei nicht allein die Festigkeit, 
sondern beobachtete auch die Zähigkeit jeder Sorte, indem er als Maass der- 
selben die Längenänderung oder Dehnung und die Einschnürung an der 
Bruchstelle (Kontraktion) zu Grunde legte. Er untersuchte ferner auch 
1) Vergl. Band I. Baumechanik, S. 496—500, sowie die dort angegebene ältere Litteratur. 
2) Ann. d. ponts et chauss. 1885. 
8) Kennedy. A. a. 0. ».73.
	        
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