Full text: Eisen und Eisenkonstruktionen in geschichtlicher, hüttentechnischer und technologischer Beziehung (Abtheilung 1, Band 2, Heft 1)

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290 Eigenschaften und Prüfung des Eisens. 
Dr. Dudley!), der die chemische Probe allen andern vorziehen will, bei Liefe- 
rung von Schienen eine bestimmte chemische Zusammensetzung vorschrieb, näm- 
lich 0,25—0,35 €, 0,40—0,30% Mn., höchstens 0,10% P, und höchstens 0,04% Si. 
Es erscheint jedoch nicht nothwendig, dem Vorgange der Amerikaner zu folgen, 
da, wie bereits $.219 angegeben wurde, der Zusammenhang der chemischen 
mit den physikalisch-mechanischen Eigenschaften des Eisens heute noch zu 
wenig geklärt ist, als dass man wagen dürfte, auf Grund einseitiger Unter- 
suchungen eine bestimmte chemische Zusammensetzung der Schienen oder dgl. 
allgemein vorzuschreiben. Verf. pflichtet, mit Sandberg, der Ansicht des 
berühmten englischen Metallurgen Dr. Percy?) bei, welcher die Vornahme 
chemischer Proben durch den abnehmenden Eisenbahn-Techniker nur in seltenen 
Ausnahme-Fällen für erforderlich hält. Der Eisenbahner darf sich zur Zeit 
an den mechanisch-technologischen Proben genügen lassen; gelingt es ihm 
später, mit Sicherheit zu ergründen, welche chemische Zusammensetzung den 
Schienen die grösstmöglichste Betriebs-Sicherheit und Dauer gewähr- 
leistet, so wird er auch die chemischen Proben als regelmässiges Mittel der 
Untersuchung nicht unbeachtet lassen. 
In England wird mehr Gewicht auf schwere Schlag- und Biege- 
Proben als auf Festigkeits-Proben gelegt. In Russland?) lässt man 
die Schienen während der Schlag-Proben einfrieren, indem man sie mit einer 
Mischung von Eis und Salz umgiebt, oder auf andere künstliche Weise in 
ihnen eine Kälte von — 7,5 bis — 12,00 C. erzeugt. Ob es in Hinsicht 
auf die $. 241 über den Einfluss der Kälte mitgetheilten Erfahrungen nicht 
zweckentsprechender wäre, dieses etwas umständliche und kostspielige Prüfungs- 
Verfahren einfach durch Verschärfung der Vorschriften in Betreff des Fallgewichts 
oder der Fallhöhe zu ersetzen, mag dahin gestellt bleiben. Dass eine ver- 
schärfte Fallprobe für Schienen, welche für kalte Klimate bestimmt sind, ge- 
rechtfertigt erscheint, liegt (nach S. 241) auf der Hand*) ebenso, dass Schienen, 
welche in heissen Ländern verlegt werden sollen, nur weniger harte Fallproben 
zu erleiden brauchen. 
In Deutschland wurden in Folge eines Erlasses des preussischen Ministers 
der öffentlichen Arbeiten vom 2. Juli 1880, entgegen den „Salzburger Be- 
schlüssen“ (8. 221) neben den Zerreiss-Proben die Schlag- und Biege-Proben 
für Eisenbahn-Material nach den S. 284 angegebenen Grundsätzen wieder ein- 
geführt. Die auf der französischen Westbahn übliche Hammerprobe für Rad- 
reifen wurde bereits S. 274 besprochen. 
Ingenieur Pohl®) schlägt vor, jeden Radreifen in einer Wasserdruck-Press- 
vorrichtung zu prüfen, derart, dass er daselbst bis an die Elastizitäts-Grenze 
auseinander gepresst wird und in diesem Zustande mehre kräftige Hammer- 
schläge an verschiedenen Stellen seines Umfanges erhält. 
Die Beschlüsse der Münchener und Dresdener Konferenzen, betr. 
Prüfung von Schienen, Achsen und Radreifen, schreiben für Schienen die Schlag-, 
Zerreiss- und Biegeprobe (S. 283), für Achsen und Radreifen: Schlag- und 
Zerreiss-Probe vor. Biegeproben für Achsen und Hämmerungs-Proben für Rad- 
reifen werden danach nicht für nöthig gehalten®). Es muss aber ausdrücklich 
bemerkt werden, dass die Zugfestigkeits-Proben sowohl für Schienen als auch 
für Achsen und Radreifen nach den Beschlüssen nur dann für erforderlich ge- 
halten werden, wenn weitere Aufklärungen über die Beschaffenheit des Materials 
zu wünschen sind. Aus Gründen der Betriebs-Sicherheit soll die Vor- 
nahme der Schlag- und Biegeprobe allein genügen. 
1) Transact. of the American Inst. of Mining Engin. 1878 u. 1881. 
2) Sandberg. Lieferungs- und Abnahme-Bedingungen für Eisen- und Stahlschienen. 
Stahl u. Eisen. Januar-Heft. 1882, S. 12. — Vgl. ferner: Snelus. Ueber die chemische Zu- 
sammensetzung und Prüfung der Stahlschienen. Dingl. Polyt. Journ. 1882, Bd. 246, S. 433, 474 u. 
508. — Zimmermann. Ueber den Einfluss der Härte des Stahls auf die Dauer der Schienen. 
Zentralbl. d. Bauverw. 1884, S. 3. — Cazes. Sur la nature de l’acier le plus convenable pour lu 
fabrication des rails. Revue generale. 1885, S. 87 u. 165. 
83) Belelubsky. Ueber die Prüfung der Stahlschienen und Radreifen in Russland. Stahl 
und Eisen. 1885, S. 355 und 1886, S. 444. 
«) Vergl. Oberbau der Uleaborg-Bahn; Deutsche Bauzeitg. 1887, S. 129. 
5) Verfahren zur Prüfung von Radreifen für Eisenbahn-Fahrzeuge. Zeitschr. d. Ver. 
deutsch. Ingen. 1884, S. 668. 6) A. a. 0.8. 11—13. 
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