I. Das Eisen in vorgeschichtlicher Zeit. 7
Gediegenes Eisen tellurischen Ursprungs bildet eine der grössten Seltenheiten.
Die auf unserm Planeten aufgefundenen Stücke oder Massen von gediegenem
Eisen sind kosmischer Herkunft und als Meteoreisen unter Feuer-Erscheinungen,
oftmals unter Donner und Blitz auf die Erde niedergefallen. An solchen
eisernen Findlingen mögen vielleicht die Naturmenschen zuerst aus Neugierde
ihre Kunst versucht und dadurch durch Zufall die Eigenschaften des Eisens
entdeckt haben. Fig. 1 stellt ein Eskimo-Messer aus Meteoreisen dar!).
Obwohl viele Bei-
spiele einer derar-
tigen ursprüngli-
chen Benutzung des
Meteoreisens be-
kannt sind, so ist
damit doch nicht nachgewiesen, dass sich dieser Vorgang überall auf der Erde
in gleicher Weise vollzogen hat. Es liegt im Gegentheil Grund zu der
Annahme vor, dass die Verarbeitung des Meteoreisens erst vor sich ging, nach-
dem man sich mit den Eigenschaften des Eisens auf andere Weise vertraut
gemacht hatte. Denn Meteoreisen ist sehr schwierig zu erkennen und zu be-
handeln: es sind Meteoreisen-Blöcke Jahre lang in Schmiede-Werkstätten als
Ambose benutzt wurden, ohne dass man ihre Natur erkannt oder sie technisch
nutzbar gemacht hätte.
Von den übrigen Eisenerzen mussten natürlich solche von stark metallischem
Glanze, ähnlich wie Gold, Kupfer, Zinn und Silber frühzeitig die Aufmerksam-
keit erregen; sie wurden aber, weil sie in hohem Grade strengflüssig sind, nicht
benutzt. Die leicht schmelzenden Erze, denen das metallische Aussehen fehlt,
blieben wohl so lange nnbeachtet, bis etwa ein Zufall ihren Eisengehalt zum
Vorschein brachte.
Viele Forscher haben gemeint, wenn es jemals gelingen könnte, das
geschichtliche Alter eines Metalls festzustellen, so müsste dies beim Eisen
möglich sein, weil nach ihrer Ansicht dessen erstmalige Behandlung und Dar-
stellung nur einem Volke gelingen konnte, das bereits einige Kunstfertigkeit
in der Bearbeitung anderer Metalle, also auch eine gewisse Kulturstufe erreicht
hatte. Diese Ansicht erscheint als irrig, besonders dann, wenn man unter den
andern Metallen auch die Bronze begreifen will. Die ursprüngliche Methode,
ein gutes hämmerbares Eisen unmittelbar aus dem Erz zu gewinnen, erfordert
einen viel geringeren ‘Grad von Geschicklichkeit als die Darstellung der Bronze.
Wir dürfen daher annehmen, dass das einfachere Schmiede-Handwerk, in
welchem es selbst rohe Naturvölker zu einer gewissen Vollendung gebracht
haben, der Kunst des Metallgiessens vorauf ging. Bronze und Eisen wurden
von allen Kulturvölkern des Alterthums gleichzeitig verwerthet; selbst die
Benutzung steinerner, Waffen und Werkzeuge hörte keineswegs mit einem
Schlage auf, als die Metalle bekannt wurden. Auch hat nicht jedes Volk die
sogen. „drei Zeitalter“ der Reihe nach durchgemacht. Während z. B. Tartaren
und Finnen das Eisen gebrauchten, ohne Bronze zu kennen, verarbeiteten die
Mexikaner und Peruaner in ihrem Blüthezustande lange Zeit hindurch Kupfer
und Bronze unter gänzlichem Ausschluss von Eisen, obwohl ihnen solches in
grossen Massen und vorzüglicher Güte zu Gebote stand?).
Zwar werden durch die Aufeinanderfolge der 3 grossen Zeitalter ge-
waltige Marken auf dem Wege der Kultur der Menschheit gebildet; doch sind
die Uebergänge von einer Periode zur andern weder für einzelne Länder,
geschweige denn für den ganzen Erdball chronologisch festzustellen. Uns
gilt heute der Besitz des Eisens bei einem Volke als ein sicheres Zeichen fort-
schreitender Kultur.
Auf die Frage nach den ersten Entdeckern und Bearbeitern des Eisens er-
theilen uns selbst die ältesten Geschichtsbücher keine ausreichende Antwort.
Fig. 1.
l) Nach Sabine. Quarterly Journal of Science. 1819.. VII. 79. Zitirt bei Andree,
a. a. O0. S. 130.
2) Die alten Bewohner Mexiko'’s haben nach A. v. Humboldt auch das Meteoreisen, das
sich dort reichlich vorfindet, nicht verarbeitet.
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