Full text: Eisen und Eisenkonstruktionen in geschichtlicher, hüttentechnischer und technologischer Beziehung (Abtheilung 1, Band 2, Heft 1)

346 Herstellungsweise der Konstruktionen. 
Brücken- und derlei Konstruktionen, selbst für die senkrechten Kanten der 
Bleche und Winkel, ziemlich werthlos, weil die Kanten dafür nicht scharf ge- 
nug, ausserdem die Nieten meistens zu weit und auch nicht nahe genug an den 
zu stehen. Als schützenden Ueberzug wählt man in der Reee] einen 
Farbe- Anstrich. 
Gusswaaren lässt man am besten ohne jeden Anstrich anliefern, damit 
etwaige unganze Stellen an den Aussenflächen (Sandlöcher. Blasenräume, Risse) 
nicht durch Verschmieren mit Kitt, Vergiessen mit Blei oder durch ändere‘ Flieke- 
reien betrügerisch verdeckt werden können. 
Der erste Anstrich, der sogen. Grund- oder Grundirungs-Anstrich 
kommt in der Werkstatt zur Ausführung; die späteren sogen. Deckanstriche 
folgen nach Aufstellunx der Konstruktion. Unmittelbar vor dem ersten Anstrich, 
von dessen Güte die Haltbarkeit der Deckanstriche wesentlich mit abhängt, ist noch 
ein mal eine gründliche Reinigung der vernieteten Theile durch Entfernung des 
Staubes usw. vorzunehmen. Der Anstrich soll niemals bei feuchtem Wetter im 
Freien ausgeführt werden. Die Farbe ist nur in dünner Schicht aufzutragen, 
weil dicke Farbenschichten auf Eisen nur langsam zu einer festen Kruste er- 
härten, vielmehr nur in der Oberfläche eine feste Haut ansetzen, unter welcher 
die Farbe, da das Trocknen von oben nach unten fortschreitet, lange flüssig 
bleibt. Ferner soll die Anstreichmasse nicht zu dickflüssig sein, damit es mög- 
lich ist, alle Unebenheiten der zu streichenden Flächen zu treffen und auszu- 
füllen. Andernfalls würden sich Luftblasen in dem Anstrich bilden, welche in 
Folge der Längenänderung des Eisens beim Wärme-Wechsel ein Zerreissen 
der Farbendecke herbeiführen. Auch soll die Masse gut und verhältnissmässig 
schnell trocknen, weil sonst ein auf den estrichenen Flächen sich bildender 
Niederschlag von atmosph. Wasser, herbeigeführt durch die in der Regel gegen 
Abend eintretende Wärme-Abnahme der Luft, zur Folge hat, dass der Anstrich 
nie zu einer gleichmässigen festen Schicht antrocknet. Es muss daher möglichst 
ein Leinölfirniss zur V erwendung gelangen, der neben der erforderlichen Dünn- 
flüssigkeit auch noch das gehörige Trocknungs- Vermögen besitzt }). 
Von den für den Anstrich zu verwendenden Mineralfarben ist die Blei- 
  
  
  
mennige — wenigstens für alle Anstriche, die nicht unter Wasser halten 
sollen — die vorzüglichste. Die Wirkung der Bleimennige ıst eine Folge des 
chemischen Verhaltens ihres Blei-Superoxyds und Blei- Öxyds gegen die Oel- 
säure des Leinöls, insofern, als das Superoxyd die Oelsäure oxydirt und 
die oxydirte Leinölsäure darauf mit dem Bleioxyd eine sehr harte, äusserst 
widerstandsfähige chemische Verbindung eingeht. Zwar gehört die Bleimennige 
zu denjenigen Stoffen, welche nach 8. 937 die Neigung des Eisens zum Rosten 
eintretenden Falls unterstützen, weil sie bei. ihrer Berührung mit demselben 
negativ elektrisch erregt werden; jedoch scheint erfahrungsmässig diese Eigen- 
schaft ihre sonstigen Vorzüge nicht zu beeinträchtigen. 
Die V erwaltung der niederländischen Staatsbahnen hat versuchsweise fest- 
gestellt, dass ein Mennige-Anstrich den Witter ungs-Einflüssen besser widersteht. 
als Anstriche mit Englisch- Roth und ähnlichen eisenoxydhaltigen Anstrichen. 
Auch hat sich bei diesen Versuchen gezeigt, dass der Anstrich auf durch Beizen 
gereinigten Blechen besser hält, als auf Blechen, die durch Bürsten u. derel. 
  
gereinigt wurden ?). Farben, deren Hauptbestandtheil Eisenoxyd bildet — also 
2. BD. der sogen. Todtenkopf, Berliner Braunroth, Eisen - Mennige, Königs-Roth, 
Kaiser- Toth - usw. — stehen der Bleimennige nach. Der Todtenkopf ist ganz 
zu verwerfen, weil er stets etwas freie Schwefelsäure aufweist; ein besseres 
Material ist die Eisen-Mennige, wenn sie nicht zu hygroskopisch ist, d. h. nicht 
zu viel Thon (nicht über 20 %) enthält. Ausgezeichnet für Anstriche unter 
und über Wasser ist Rathjens Patent- Komposition (eine mit Spiritus 
angemachte Farbe), welcher u. a. die Eigenschaft beiwohnt, sehr rasch zu 
trocknen und Pflanzen-Änwuchs unter Wasser zu hindern?). Die Farbe wurde 
  
!) Dr. Treumann. Ueber Farbenanstriche, Lacküberzüge und die zu deren Herstellung 
verwendeten Materialien. Ann. f. Gew. u. Bauw. 1885. II. S. 125. — Derselbe, Innerer Anstrich 
von Wasser-Reservoiren. Daselbst 1886. I. S. 15 
2) Wochenbl. f. Bauk. 1884, S. 477. — Dingler’s Polytechn. Journ. 1885. 
®) Vergl. u. a. Zentralbl. d. Bauverwaltg. 1884, S. 247 u. 292. 
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