Full text: Eisen und Eisenkonstruktionen in geschichtlicher, hüttentechnischer und technologischer Beziehung (Abtheilung 1, Band 2, Heft 1)

Klassisches Alterthum. 19 
Namen der „Tursi“ als beutelustiges Seeräubervolk mit Griechen und Klein- 
asiaten in Verbindung standen, frühe allgemeine Verwendung gefunden. Das 
beweisen die aus alten Grabstätten Italiens bei Bologna, Marzobotto, la Certosa, 
Corneto, Vulei!) und andern Orten an das Tageslicht geförderten Ueberreste 
eiserner Waffen und Geräthe aus der Zeit der etruskischen Herrschaft. Die 
bei Bologna aufgefundenen wenigen Schaftkelte und Speerspitzen sind die 
ältesten eisernen Fundstücke in Europa überhaupt. Graf Gozzadini 
entnahm sie nebst zahlreichen Bronze-Schmucksachen im Jahre 1853 auf seinem 
Landgute Villanova aus Gräbern, die nachweislich aus dem 9. oder 10. Jahr- 
hundert v. Chr. stammen. 
Die Thonbildnerei war es, die das industriöse Volk der Etrusker schon 
frühe auf die Kunst des Schmiedens und Treibens der Metalle und zum 
Bronzeguss führte. Material zu ihren Kunstwerken boten im eigenen Lande das 
Eisen von Elba, das Kupfer von Kampanien und Voltaterrä, das Silber von 
Populonia und Montieri und, was noch fehlte, u. a. auch Zinn und Bernstein, 
holte die mächtige Flotte ihrer Kauffahrer meistens gegen Austausch heimischer 
Waaren aus Thon oder Metall von den entlegensten Ländern. Etrurische Bild- 
werke waren, wie Plinius schreibt, „über alle Länder zerstreut 2). 
Wie auf dem 
‚ GebietederKunst, 
so wuchsen die 
Etrusker auch auf 
dem Felde der 
Politik frühe zum 
herrschenden 
Volke in Italien 
heran. Eifersüch- 
tig wachte es an 
den Grenzen 
Roms, dessen Ge- 
biet an Metallen 
ganz arm war, 
und hielt es in 
Bezug auf die 
Waffenzufuhr in 
steter Abhängig- 
keit. 
Nach der Unterwerfung Etruriens (300) und während der beiden ersten 
punischen Kriege (264—202) änderte sich die Sachlage zusehends. Als „Beute 
des Sieges‘‘3) fielen die Bergwerke der Feinde in Sardinien, Sizilien und 
Spanien den Römern in die Hände und lieferten ihnen, neben Massen von edlen 
Metallen auch vortrefflichen Stoff zu ihren Waffen und Pflügen, mit denen sie 
bald den Erdkreis unterjochten und kultivirten. 
Die gewerbreichen Städte Etruriens und die Eisenwerke Spaniens leisteten 
ihnen von nun an bei der Ausrüstung von Heer und Flotte wesentliche Dienste. 
Populonia lieferte Eisen, Arretium Schilde, Helme, schwere und leichte Wurf- 
spiesse, sowie allerlei Handwerkszeug“) und Spanien versorgte die römischen 
Legionen mit seinen ausgezeichneten leichten Stahlschwertern, deren Vorzüge, 
gegenüber den eignen kurzen Eisenschwertern, die Römer schou im zweiten 
punischen Kriege kennen gelernt hatten. — 
Nach dem Falle Karthagos und der Eroberung Griechenlands (146) wurde 
Rom die erste Stadt der Welt; zugleich wurden die Römer Erben der orien- 
talischen, griechischen und etruskischen Kunst. Die römische Vorliebe für die 
Bronze war ein besonderes Erbstück der etrurischen Hinterlassenschaft; es ist 
Fig. 14. Hephästos dem Ares die Waffen schmiedend. Nach Müller. 
  
  
  
l) Dennis. Die Städte und Begräbnissplätze Etruriens; deutsch von Meissner. Seit. 238 
und 249. 
2) XXXIV, 16. 
3) Tac. Agricola, c. 12 „... aurum et argentum et alia metalla pretium victoriae,“ 
4) Livius XXXIII, 45. 
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