Full text: Eisen und Eisenkonstruktionen in geschichtlicher, hüttentechnischer und technologischer Beziehung (Abtheilung 1, Band 2, Heft 1)

Die Rohstoffe und ihre Vorbereitung. 59 
Die zur Hütte gelieferten Erze werden dort nach Raummenge übernommen 
und je nach ihrem Werthe verschieden gelagert. 
Einzelne Erze können unmittelbar im Hochofen verschmolzen werden; die 
meisten unterliegen jedoch einer Vorbereitung, bei der es sich gewöhnlich 
um eine Auflockerung, Abscheidung schädlicher Beimengungen, chemische Aen- 
derungen oder auch Zerkleinerungen handelt. Eine Vergrösserung von zu kleinen 
Stücken wird selten ausgeführt. 
Festere Erze, insbesondere die sogen. milden, nicht steinigen, lässt man 
wohl bis zu 1 Jahr und länger im Freien liegen (verwittern), um dadurch eine 
förderliche, mechanische oder chemische Veränderung durch den Einfluss der 
Luft zu erreichen. Die mulmigen und lettigen Erze müssen dagegen sogleich 
nach der Förderung unter Dach gebracht werden, damit sie nicht zu viel Wasser 
aufnehmen. 
Bei den sehr festen Eisenerzen würde die Verwitterung zu lange Zeit er- 
fordern und auch keine genügende Veränderung ergeben. Solche Erze röstet 
man in Haufen (Meilern) im Freien, oder zwischen Mauern (Stadeln) oder 
in Oefen, theils um sie mürbe zu machen, theils um Wasser, Kohlensäure 
und Schwefel oder dergleichen auszutreiben, eine Vorbereitungs-Arbeit, die mei- 
stens auf den Hütten vorgenommen wird. . Sie ist in Schachtöfen ausgeführt 
wirksamer, als das Haufen- oder Stadelnrösten, weil man die Erze im Ofen 
jedem entsprechenden Wärmegrade aussetzen kann. Weil das Rösten ferner um 
so wirksamer ist, je grösser die Oberfläche der einzelnen Erzstücke im Ver- 
gleich zu ihrem Inhalt ist, so empfiehlt es sich zuerst die Zerkleinerung 
und dann erst die Röstung vorzunehmen. Wenn trotzdem häufig die Vorberei- 
tung in umgekehrter Folge vor sich geht, so geschieht dies, weil die gerösteten 
Erze sich leichter und billiger zerkleinern lassen, als die ungerösteten. 
Am theuersten und am seltensten geübt wird die Zerkleinerung durch 
Handarbeit, das sogen. Aufbereiten mittels Handscheidung und Klau- 
arbeit. wobei zuweilen noch eine Wasch- oder Läuterarbeit auf schiefen Ebenen 
vorauf geht. 
Man zerschlägt die Erzstücke dabei mit Handfäusteln bis auf die Grösse 
eines Hühner- oder Taubeneies und sondert das Unhaltige und Schädliche mög- 
lichst ab. Das zerkleinerte Erz wirft man durch „Rätter“ (Siebe) um das Feine 
(Kläre) von den Stücken (Stufferzen) zu scheiden. 
Die Zerkleinerung durch Maschinen ist zur Zeit am gebräuchlichsten. Man 
verwendet Pochhämmer, Pochwerke mit eisernen Stempeln, Quetsch-Walzwerke 
oder Brechwerke. 
Pochhämmer und Pochwerke sind die ältesten und unvollkommensten 
Zerkleinerungs-Vorrichtungen;!) man erhält auf denselben sehr ungleiche Stücke, 
Walzen fördern mehr und gleichmässiger, geben aber viel Staub. Sie wurden 
im Anfange dieses Jahrhunderts in Cornwall zuerst eingeführt und verdrängten 
die Pochwerke. 
Heute stehen die im Jahre 1858 vom Amerikaner Blake erfundenen 
Quetschen oder Steinbrecher im Vordergrund, weil sie weniger Raum 
beanspruchen als Walzen, beliebige und gleichmässigere Korngrösse der Erz- 
stücke liefern, auf Gleisen auch transportabel und sehr leistungsfähig sind. 
Erzquetschen, die etwa 200 Hübe in 1 Min. machen, können mit einem 
Aufwande von 5 bis 10 Pferdekr. in 12 Stunden durchschnittlich 60 t Erze 
zerkleinern 2). — 
Die beschriebenen Vorbereitungs-Arbeiten werden nicht immer alle an einem 
Erze vorgenommen. Zuweilen genügt schon eine dieser Verrichtungen; häufig 
kommen aber mehrere oder alle, und dann in sehr verschiedener Reihenfolge, 
nıcht selten sogar in mehrfacher Wiederholung zur Anwendung. 
Einer Wascharbeit unterwirft man vorzugsweise nur die von Thon durch- 
setzten Bohnerze. Geröstet werden regelmässig: Spath-, Thon- und Kohlen- 
Eisenerze, um sie in Eisenoxyd umzuwandeln, oder Schwefel auszutreiben; Magnet- 
1) 1507 legte Sigismund von Maltitz im Erzgebirge das erste Pochwerk an. 1524 führte Peter 
Philipp zuerst ein solches im Harze ein. A. Gurlt. Bergbau- und Hüttenkunde, 2. Aufl., S. 104. 
2) Ueber Erzquetschen der Georgs-Marienhütte vergl. Hannoy. Ztschr. 1871, S. 319. 
  
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