Baumechanik.
einer bleibenden zusammen. Letztere ist — bis zu einer gewissen Grenze der
Beanspruchung des Körpers durch äussere Kräfte — so verschwindend klein,
dass sie für die Untersuchung der Baumechanik als nicht vorhanden betrachtet
werden kann. Die Grenze, bezw. diejenige Grösse der äussern Kräfte, welche
noch keine bleibende Formänderung hervor bringt, heisst Elastizitäts-Grenze
oder auch Grenz-Koeffizient.
ß. Festigkeit.
1. Bei fortgesetzter Steigerung des Deformations-Zustandes materieller Punkte
des Körpers findet endlich eine Trennung der Körpertheile an der betr. Stelle
statt: es tritt ein Bruch desKörpers ein. Diejenige Grösse der äussern
Kräfte, welche gerade genügt, um einen Bruch des Körpers herbei
zu führen, nennt man seine Festigkeit. Die Festigkeit pro Flächeneinheit
eines Querschnitts nennt man wohl den Festigkeits-Koeffizienten oder eben-
falls kurzweg die Festigkeit.
In der Praxis beansprncht man die Konstruktionen nur mit einem nach Er-
fahrung als zulässig anerkannten bestimmten Theile des Festigkeits-Koeffizienten,
welchen man die zulässige Inanspruchnahme nennt; die 'Theilzahl heisst der
Sicherheitsgrad.
23. Bei allen Untersuchungen der Elastizitäts-Lehre wird bisher, der Einfachheit
wegen, angenommen, dass die Grösse der Festigkeit — d.i. nach obigem die
Bruchbelastung — unabhängig ist von der Zeitdauer der Belastung, oder
Beanspruchung des Körpers durch die äussern Kräfte. Sowohl die sogen.
elastische Nachwirkung — worunter man diejenige Formänderung versteht,
welche noch eintritt, wenn der Körper unter der Wirkung der äussern Kräfte
bereits zur Ruhe gekommen ist — als auch der Einfluss wiederholter Be-
lastungen, insbesondere wenn sie abwechselnd in verschiedenem Sinne erfolgen,
haben Einfluss auf die Grösse der Festigkeit. Erfahrungsmässig nimmt
nämlich die Grösse der Festigkeit mit wachsender Zeitdauer der
Belastung und auch mit wachsender Zahl der Wiederholungen ab.
Die Kenntniss dieser Erscheinungen ist aber bisher noch zu mangelhaft, als dass
es schon möglich wäre, eine mathematische Theorie des Einflusses der elastischen
Nachwirkung und der wiederholten Belastungen aufzustellen.
Man begnügt sich vorläufig damit, den fraglichen Einfluss durch die Beobachtung
praktischer Regeln bei der Dimensionirung der Konstruktionstheile so viel wie
möglich in Rechnung zu ziehen. Dies geschieht dadurch, dass man die zulässige
Inanspruchnahme nicht mehr als einen Theil des Festigkeits-Koefliz. in Rechnung
zieht, vielmehr sie durch eine besondere Methode fest setzt, welche in der „Statik
der Baukonstruktionen“ näher dargelegt wird.
y. Aufgabe der Elastizitäts-Lehre.
Dieselbe umfasst die Ermittelung: 1. der Beziehungen zwischen den äusseren
Kräften und der Formänderung; 2. der Bedingungen, unter welchen die Körper
gegen bleibende Formänderung oder gegen Bruch eine für die Praxis hinreichende
Sicherheit bieten.
Um die Aufgabe zu lösen, ist es nothwendig, verschiedene Deformations- Zu-
stände einer hinreichenden Anzahl von Körpertypen mathematisch zu untersuchen
und dabei innere Kräfte (Spannungen) als Hilfsgrössen einzuführen.
d. Innere Kräfte oder Spannungen.
Die durch die Formänderung hervor gerufenen innern Kräfte, mit denen die
— unendlich kleinen — Körperelemente an ihren Berührungsflächen gegenseitig
auf einander wirken, nennt man auch Spannungen. Unter der Spannung p im
beliebigen Punkt P eines Körpers verstehen wir die auf das Flächenelement df
einer durch P gehenden beliebigen ebenen Fläche F bezogene innere Kraft, mit
welcher die an die Fläche F beiderseits angrenzenden Körpertheile bei ? gegen-
seitig anf einander wirken. Man nimmt an, dass die Spannung p sich über das
Flächenelement df gleichmässig vertheilt und nennt die „Spannung pro Einheit“
der Fläche df auch wohl die „spezifische Spannung“. Die Richtung der
Spannung bildet im allgem. einen Winkel mit der Fläche df. Die senkrecht zur
Fläche stehende Komponente der Spannung wird Normalspannung genannt.
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