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Seeschiffahrt. 309
Die Schiffsmaschinen sind jetzt fast stets nach dem sogen. Verbund-
(Compound-) System, und zwar neuerdings sogar mit 3 ungleich grossen Zylin-
dern hinter einander (triple-expansion) eingerichtet, so dass Dampf von hoher
Spannung (6—8 Atm.) nahezu zur niedrigsten Spannung gelangt. Die Um-
steuerung erfolgt stets mittels Kulisse; die Kondensation geschieht fast allgemein
im sogen. Oberflächen-Kondensator, wobei der Dampf nicht unmittelbar mit
kaltem Wasser gemischt, sondern nur in äusserlich abgekühlten Röhren ver-
dichtet wird und als reines Wasser wieder zum Kessel gelangt. Die Kessel
gewinnen dadurch in Bezug auf Kesselstein-Ansatz usw., leiden jedoch leichter
durch Ueberführung von Fetttheilen aus den Zylindern und die sich dabei
bildenden Fettsäuren. Hiergegen ist grosse Vorsicht beim Schmieren sowie
häufige Untersuchung der Kessel anzurathen. Zu der Schiffsmaschine gehört
eine grosse Zahl von Pumpen, so auch die Lenz-und Bilgepumpen für das Aus-
pumpen des Leckwassers und sich sonst aus dem Schiffe in der „Bilge“ (dem
Kielraum) ansammelnden Wassers. Die „Zirkulations-Pumpe“ für die Beschaffung
des im Kondensator nöthigen frischen Wassers mnss in 1 Stunde und für 1 indiz.
Pfdkr. Maschinenstärke 0,3 ebm Wasser heben können.
Ausser der eigentlichen Schiffsmaschine haben grosse Dampfer zahlreiche,
(oft über 50) besondere Hülfsmaschinen z. B. für Güterverladung, Umsteuerung
der Schiffsmaschine, Ventilation, Bewegung des Steuerruders, der Ankerwinden,
Aschwinden usw. Neue Dampfer, z. B. „Bayern“ vom Nordd. Lloyd, sind mit
hydraulischen Krahnen, und zwar 4 um jeden Mast, versehen.
Die Schiffskessel sind bei grossen Dampfern stets in grosser Zahl, oft
bis 8 Stück mit 40 Feuerungen, vorbanden. Bei grossen Kriegschiffen beträgt
die gesammte Heizfläche etwa 0,25 ha bei 4000-5000 Feuerrohren. Die Heizung
ist stets ungünstiger als bei Lokomotiven. Die Kohlenräume (Bunker) für die
Maschine liegen immer in der Nähe der Kessel, meist seitwärts davon.
Neuerdings werden Schiffe auch mit Petroleum geheizt, z. B. auf dem Kaspi-
schen Meere.
Die Stärke der Maschine wird bisweilen noch nach sogen. nominellen
Pferdekräften angegeben, wobei ohne Rücksicht auf Hochdruck, Niederdruck,
Expansion usw., 7 Pfund engl. resultierender Dampfdruck auf 1[)Zoll engl.
Kolbenfläche, und daneben eine bestimmte, nur geringe Kolbengeschwindig-
keit gerechnet wird. Gegenüber dieser willkürlichen und meistens weit hinter
der wirklichen Leistung zurück bleibenden Angabe ist die indizierte Pfdkr.
unbedingt zuverlässig, weil sie aus der wirklichen Leistungsfähigkeit der Ma-
schine bestimmt wird. Die Indikator-Diagramme dienen nebenbei als Haupt-
mittel, um Fehler der Maschine insbesondere der Steuerung, zu erkennen. Die
effektiv von der Schrauben- oder Schaufelwelle geleistete, also auf das
Wasser ausgeübten, meistens mit dem Bremsdynamometer gefundene Maschinen-
stärke ist natürlich kleiner als die indizierte, indem von ihr der in der Maschine
durch Reibung usw. verloren gehende Theil abgeht. Das Verhältniss ist in der
Regel 0,9.
e. Vermessung der Seeschiffe.
Die Vermessung der Seeschiffe dient als polizeiliche Maassregel zu-
nächst zum Schutze des Befrachters gegen den Eigenthümer (Rheder), sodann
zur Vermeidung des gefährlichen Ueberladens, zur bequemeren Erhebung der
Abgaben, zur Ueberwachung der Vorschriften von Versicherungs-Gesellschaften
usw. Die meisten Vermessungs-Methoden suchen zunächst den innern Raum
und hieraus mit Hülfe eines geeigneten Koeffizienten die Tragfähigkeit oder Nutz-
last zu bestimmen. Die deutsche Schiffsvermessungs-Ordnung von 1%72, welche
mit der englischen fast gleich ist, unterscheidet zunächst den Bruttoraum-Gehalt
von dem nach Abzug der nicht für die Ladung bestimmten Räume erhaltenen
Nettoraum-Gehalt. Es wird dabei gemessen die grösste innere Länge und je
nach deren Grösse eine Anzahl von Querschnitten in gleichen Abständen. Die
Länge wird bis 15m in 4, bis 37m in 6, bis 55m in 8, bis 60m in 10
und bei grösserer Länge als 69m in 12 gleiche Theile getheilt. Alsdann
werden zur Berechnung des Bruttoraumes unter Deck von dem mit 1—12