Full text: Städtisches Strassenwesen und Städtereinigung (Abtheilung 3, 3. Heft)

  
96 Städtische Strassen-Eisenbahren. 
lässt sich aus ihrer Frequenz erkennen. Dieselbe kann zwar nicht, wie bei 
sonstigen Eisenbahnen in Personen-Kilometern angegeben werden, weil man 
nicht die Fahrlängen aller einzelnen Reisenden notirt, sondern nur in der Zahl 
der Personen, welche im Laufe eines Jahres auf dem Bahnnetz einer Stadt 
gefahren sind. Dividirt man diese Zahl durch die Betriebslänge in Kilometern, 
so erhält man die „spezifische Frequenz“ desselben, welche den richtigsten Ver- 
gleich zwischen verschiedenen Städten oder zwischen verschiedenen Strecken 
gewährt. In deutschen Städten bewegt sich dieselbe zwischen rund 50000 
(Metz, Erfurt) und 500000 (Berlin) und beträgt durchschnittlich 250000. In 
Wien ist die spezifische Frequenz rund 500000, in London 750000, im Durch- 
schnitt aller englischen Städte 280000. Auf andere Weise wird die Verkehrs- 
menge einer Strassenbahn durch die Anzahl der Personen ausgedrückt, welche 
in 1 Jahr und auf 1 Kopf der Bevölkerung hefördert worden sind, d.i. (abgesehen 
von Fremden) die Zahl der Fahrten, welche jeder Einwohner im Lauf eines 
Jahres unternimmt. Diese Zahl betrug im Jahr 1886 in deutschen Städten 
zwischen 5 und 78 (Hamburg). Spezielle Angaben über starken Verkehr sind 
ferner, ausser den oben schon angeführten Städten Berlin und London: Paris 33, 
Wien 43, Genf und Glasgow 60, Leipzig 69. 
Der Verkehr vertheilt sich nicht gleichförmig über alle Monate und Tage 
des Jahres. Vielmehr liefert der günstigste Monat (im Sommer) 9—11°/,, der 
ungünstigste (im Winter) 51/;—7/, der Jahres-Einnahme. Noch stärker ist 
der Unterschied nach Tagen. Von der mittleren Tagesfrequenz (spezifische 
Frequenz dividirt durch 365) macht die schwächste das 1/, bis 3/, fache, die 
stärkste das 11/, bis 2 fache aus. Die Sonn- und Feiertage eines Jahres zu- 
sammen genommen geben 26—28°/, der Jahres- Einnahme. 
Auf den meisten städtischen Strassenbahnen findet nur Personenverkehr statt; 
denn gleichzeitig Güterverkehr zu betreiben stört sehr leicht, besonders da, wo beide 
Gattungen viel Aufenthalt unterwegs veranlassen. Eher geht es, wo die Trans- 
porte vorzugsweise nur zwischen den Endpunkten der Linie vor sich gehen, 
Die Kombination besteht daher nur in einigen ungarischen Städten für 
Fabrikzwecke bei untergeordnetem Personenverkehr, sowie auf Bahnen, welche 
z. Th. schon ausserhalb der Städte liegen und beschränkte Fahrtenzahl 
gewähren: Rappoltsweiler Stadt-Bahnhof, Haag-Scheveningen, Salzburg-Drachen- 
loch, Dortmund, Ingolstadt, Mailand. Dagegen giebt es schon vielerorts 
Strassenbahnen ausschliesslich für Güterverkehr („Schleppbahnen“), um 
wichtige Punkte direkt zu verbinden, als Bahnhöfe, Häfen, Markthallen, 
Fabriken, z. B. die Industriequartiere von Zürich, Heilbronn, Plagwitz-Leipzig, 
Fabriken bei Karlsruhe, Frankfurt a. 0.1), Arad, Häfen von Hamburg, Rostock, 
Königsberg, Wien (Donauufer), Liverpool, Glasgow. 
In allen bisher genannten Städten sind die zum Güterverkehr bestimmten 
Strassengleise dem Bahnhof einer Vollbahn angeschlossen, um die Güterwagen 
der letztern direkt weiter zu befördern, und deshalb mit normaler Spurweite, 
kräftigen Schienen und mässigen Kurven versehen. Will man aber aus örtlichen 
oder finanziellen Gründen auf der Strassenbahn die schmale Spurweite haben, 
so ist eines der folgenden Mittel zu wählen: 
a) Strassenbahn mit 3 Schienen, so dass schmalspurige Lokomotiven für 
normalspurige Güterwagen zu verwenden sind: Kolmar. 
b) Umladen zwischen normalspurigen und schmalspurigen Güterwagen: 
Mühlhausen.) 
c) Befördern von Vollbahnwagen mittelst besonderer Untergestelle (Trucks), 
welche dann schmale Spur, eventuell auch mehr Räder zur Schonung der 
Gleise besitzen können: Wülfel-Döhren bei Hannover, Hagen i. W. 
Was die Betriebskräfte von Strassenbahnen, sowie die zugehörigen 
Steigungen und Geschwindigkeiten betrifft, so findet am häufigsten Pferde- 
betrieb statt, und zwar mit 1 oder 2 spännigen Wagen. Gewöhnlicher 
Pferdebetrieb erreicht Steigungen bis 0,025, auf kurzen Strecken selbst 0,04. 
Mit Vorspann eines weitern Pferdes (d. i. 2 oder 3 vor einen Wagen) bildet 0,05 
1) Wochenbl. f. Architekten und Ingenieure 1883, 236. 
2) Zentralbl. d. Bauverwaltg. 1882, 180. 
  
 
	        
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