Full text: Städtisches Strassenwesen und Städtereinigung (Abtheilung 3, 3. Heft)

  
  
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162 Einleitung. 
so verhält es sich mit dem Aufenthalt in reinem Wasser, in welchem sich dem 
Anschein nach die bekannten Infektionskeime zwar nicht vermehren, aber doch 
einige Zeit erhalten, und bereits einige male aufgefunden sind (Typhus und 
Cholera). An feuchten Oberflächen bleiben: die Pilze um so sicherer festgeleimt, 
je mehr organische kolloide Stoffe zugegen sind (Sielhaut); umgekehrt haften 
sie um so loser, je mehr die eintrocknende Masse äus unorganischen Verbin- 
dungen besteht (Erdboden). 
Ansteckungsstoffe werden aufgenommen durch Athmen, mit Speisen und 
Getränken, an Schleimhäuten, aus Hautverletzungen und Wunden. Für jede 
Gattung von Krankheitskeimen ist einer dieser Wege der üblichste, bez. der 
leichteste zu dem anzugreifenden Körpertheil. So werden gewöhnlich Typhus- 
und Cholera-Pilze vom Magen aufgenommen, Schwindsuchts- und Malaria-Pilze 
eingeathmet. Aber vermöge der Kleinheit und Zähigkeit von Spaltpilzen 
führen leider bei den meisten Krankheiten mehrere Wege an das Ziel, wo 
Schaden angerichtet wird. So kann eine Bakterie in den Darmkanal nicht blos 
durch Essen und Trinken gelangen, sondern auch durch Einathmen, wobei sie 
von den Schleimhäuten des Mundes festgehalten und demnächst geschluckt wird, 
ferner in das Blut nicht blos durch äussere Verletzungen, sondern auch durch 
die fast nie fehlenden Hautabschürfungen im Munde, welche sie in Speise und 
Trank oder beim Athmen passirt. Demnach sind alle genannten Zugänge 
wohl zu beachten. 
Für das weitere Verhalten von Infektionspilzen im Inneren des Körpers 
kommen in Frage: die Menge des Ansteckungsstoffes, die Empfänglichkeit des 
Menschen, die Möglichkeit einer Wiederholung derselben Krankheit, die Warte- 
zeit zwischen Eindringen des Pilzes und Ausbruch der Krankheit, die chemischen 
und medizinischen Wirkungen usw. Alle diese Momente gehören aber nicht 
mehr in unser Gebiet. Vielmehr wenden wir uns nun nach Schilderung der 
gefahrdrohenden Mikro-Organismen im allgemeinen an die Betrachtung der 
einzelnen Schädlichkeiten, mit welchen die öffentliche Gesundheitspflege in 
Städten zu thun hat. Entsprechend der schon angeführten Eintheilung der 
Infektionspilze sind es: Fäulniss, Nässe im Boden, Kontagien. 
1. Fäulniss. Die organischen Stoffe in Kehricht, Exkrementen, Brauch- 
wasser, so manigfaltig sie sind, unterliegen, wie alle dem Leben entzogene 
organische Materie, einer Veränderung in chemischer und physikalischer. Be- 
ziehung, bis aus den geformten komplizirten Bestandtheilen des Thier- und 
Pflanzenkörpers durch mancherlei Zwischenprodukte hindurch amorphe einfache 
unorganische Verbindungen, Gase, Salze und Wasser entstanden sind (Minerali- 
sirung). Chemisch sind die Zersetzungsvorgänge weder scharf umschrieben, 
noch in den einzelnen Stadien genau bekannt, auch die Endprodukte nicht 
genau vorauszusagen. Als die beiden Hauptgruppen von Erscheinungen unter- 
scheidet man Fäulniss und Oxydation.) 
Wo kein Sauerstoff zukommt, erfolgt Fäulniss, Zersetung der Elemente 
deı organischen Substanz unter sich, eventuell unter Aufnahme von Wasser, 
Die gasförmigen Endprodukte sind Ammoniak, Schwefelwasserstoff, Kohlen- 
wasserstoff u. a., meist übel riechende und z. Th. giftige Verbindungen. Ueber- 
all, wo insbesondere animalische Stoffe bei beschränktem Luftzutritt der Fäul- 
niss anheim fallen, entsteht starker Gestank. Je mehr aber Sauerstoff aus der 
Atmosphäre oder aus der im Boden und Wasser enthaltenen Luft aufgenommen 
werden kann, desto mehr und rascher werden die organischen Stoffe oxydirt, 
zu Kohlensäure, Salpetersäure, Schwefelsäure usw., meist ohne hervor stechen- 
den Geruch: es ist bei festen Körpern die sogen. Verwesung. Jedoch lassen 
sich manche hoch konstituirte Verbindungen des Thierkörpers nicht direkt 
durch Oxydation bis in die Endprodukte zerlegen, müssen vielmehr zunächst 
durch Fäulniss in Zwischenprodukte umgeformt sein. Ueberhaupt können die 
Produkte der Fäulniss bei Luftzutritt nachträgiich noch oxydirt werden, z. B. 
!) Hiller zerlegt in: Hydration, Reduktion, Oxydation und fasst alle 3 Prozesse unter dem 
Namen Fäulniss zusammen. Dem gewöhnlichen Sprachgebrauch entspricht, wenigstens bei den 
hier behandelten städtischen Abfallstoffen, mehr obige Zweitheilung denn z. B. die Zersetzung 
von Harnstoff in Ammonium-Carbonat, nach Hiller eine Hydration d. i. eine Zerlegung unter 
Aufnahme von Wasser ‚pflegt man doch kurzweg Fäulniss des Harns zu nennen. 
 
	        
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