Full text: Städtisches Strassenwesen und Städtereinigung (Abtheilung 3, 3. Heft)

168 Einleitung. 
sind gewisse ständige Krankheiten gleichsam ausgetrieben, nachdem die Ur- 
sachen der Disposition, besonders miasmatische Zustände, aufgehoben waren, 
Fast am wichtigsten aber zeigt sich die dauernde Verminderung der allgemeinen 
Sterblichkeitsziffer, welche zugleich die grössere Widerstandsfähigkeit der 
Menschen gegen das gelegentliche Auftreten besonderer ansteckender Krank- 
heiten nachweist. Einzelne Belege zu den angeführten drei Richtungen des 
Erfolges finden sich in den unten angeführten Quellen.!) Freilich haben dazu 
auch andere, besonders baupolizeiliche und sittenpolizeiliche Maassregeln, ferner 
öffentliche Wasserversorgung beigetragen. Neben der letzteren muss aber die 
systematische Reinigung und Entwässerung schon um deswillen als Hauptfaktor 
angesehen werden, weil der Segen frischen Wassers ohne geregelte Ableitung 
des unverbrauchten garnicht recht ausgenutzt werden kann. 
Neben dem oben Angeführten darf nicht verschwiegen werden, dass in 
manchen Städten trotz verbesserter Kanalisation die Sterblichkeit sich ver- 
grösserte, in anderen ohne direkte hygienische Maassregeln sich vermindert 
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hat: das Verhalten ist eben mannichfaltig, weil mancherlei Ursachen zusammen 
wirken. ‘Die Statistik zeigt eben nur Gesammtergebnisse, aber nicht den Zu- 
sammenhang mit jedem einzelnen Faktor, welcher die Gesundheit beein- 
flussen kann. 
Trotz der geschilderten grossen Vortheile für die Gesundheit und der 
gleichzeitigen Annehmlichkeiten für Verkehr und Gewerbe kann doch nicht in 
jedem Falle das Ideal einer Städte-Reinigung eingerichtet werden. Vielmehr 
sind die Anlage- und Betriebs-Kosten wohl zu erwägen und mit den erhofften 
Erfolgen zu vergleichen. Da nun die letzteren sich nicht sicher vorher sehen 
und noch weniger in Geld ausdrücken lassen,2) so sind stets Meinungs-Ver- 
schiedenheiten denkbar. Im allgemeinen kann natürlich eine wohlhabende und 
bisher ungesunde Stadt sich zu kostspieligeren Maassregeln entschliessen, als 
eine mässig wohlhabende und bereits ziemlich gesunde. Deshalb sind neben 
den besten Methoden der Reinigung auch solche Mittel noch im Gebrauch 
und vorerst nicht zu entbehren, welchen gewisse gesundheitliche Mängel an- € 
) haften. Die öffentliche Gesundheitspflege ist ein Gut, welches wie andere be- 
zahlt werden mass; mit steigender Werthschätzung desselben mag auch die 
vorliegende Aufgabe immer vollkommener gelöst werden. Von diesem Gesichts- 
punkte untersuchen wir die verschiedenen Massregeln und geben zunächst eine 
allgemeine Uebersicht derselben. 
Von den Eingangs genannten Gegenständen ist der Kehricht (1) nur 
durch Abfuhr zu entfernen, mit Ausnahme des sog. Pariser Verfahrens, einen 
Theil davon, nämlich den Strassenkoth, in die unterirdischen Kanäle zu werfen. 
Ebenso selbstverständlich ist das Grundwasser (5) in Städten auf unter- 
irdischem Wege zu behandeln, wobei immerhin unter Umständen unter- 
stützende hydraulische Massregeln in den offenen Wasserläufen ausserhalb der 
Städte hinzu treten. 
Für die drei übrigen Gegenstände: Exkremente (2), Brauchwasser (3), at- 
mosphärische Niederschläge (4) stehen beide Wege, sowohl der oberirdische 
als der unterirdische, zu Gebote: oberirdisch Abfuhr für (2), Rinnen für (3) 
und (4); unterirdisch Röhren mit pneumatischer Betriebskraft für (2) und (3), 
Kanäle?) für (2), (3), (4). Bei den Exkrementen kommt endlich noch Scheidung 
!) Zusammenstellungen für englische und deutsche Städte: Kaftana.a. ©. S. 245 und 
Vierteljahrschrift für Öff. Ges. 1882, 88. Speziell die Abhnahme von Typhus u. a. Infektions- 
krankheiten: Berlin Verwaltungsbericht der Deputation für Kanalisation 18891. Danzig 
Vierteljahrschrift für öff. Ges. 1884, 90. Frankfurt „Frankfurt und seine Bauten“ 1886, 507 
oder „Die hygienischen Einrichtungen von Frankfurt“ 1888, 29. Hamburg Deutsche medi- j 
zinische Wochenschrift 1876, No.1. — Soyka, Untersuchungen zur Kanalisation S.46.— München e 
Pettenkofer und Ziemssen „München eine gesunde Stadt“; Gutachten aus den Münchener N 
Neuesten Nachrichten, Sedaratabdruck 1839. — Zeitschrift „Gesundheit“ 1889, 55.— Wien Jahres- 
bericht des Physikats für 1885—86, 529. 
%) Geldwerthsberechnungen der ersparten Krankheitsfälle und Menschenleben sind öfter 
aufgestellt worden, z. B. von Pettenkofer: Populäre Vorträge 2. Heft 1875, von d’Avigdor! 
Das Wohlsein der Menschen in Grossstädten 1874, Der Natur der Sache nach ist der Werth 
der Gesundheit eigentlich „unschätzbar “ 
Br ®) Oertliche Ausdrücke für unterirdische Abzugskanäle sind noch: Siele, Schleusen 
ohlen. 
  
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