Full text: Städtisches Strassenwesen und Städtereinigung (Abtheilung 3, 3. Heft)

  
  
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170 Einleitung. 
Nur durch unterirdische Entwässerung der Grundstücke und Strassen 
liessen sich die angeführten Nachtheile völlig aufheben, aber freilich meistens 
mit höheren Kosten. Deshalb bleibt das System der Rinnen immer noch am 
Platz, besondes unter folgenden Umständen: Kleinere Orte oder abgeschlossene 
Bezirke (Fabrikanlagen, Villengruppen) mit schwachem Verkehr, geringe Länge 
der erforderlichen Rinnen z. B. in Städten von geringer Breite längs einem 
Flussufer, oder wie in Holland mit zahlreichen Wasserläufen durchzogen, 
schneller Wasserablauf durch starke natürliche Gefälle, Bedürfniss billiger provisori- 
scher Entwässerung (Aussenbezirke einer Stadt) vorbehaltlich der Ausführung 
künftiger unterirdischer Kanäle. Bei älteren Kanalisationen bildeten die Strassen- 
rinnen den gebräuchlichen Weg, um den Regen von Höfen und Dächern an den 
nächsten Strassen-Einlauf zu bringen und noch jetzt findet man wohl dies Ver- 
fahren „zugelassen“, um den Hausbesitzern die Kosten des direkten unterir- 
Fig. 1 
  
  
  
dischen Anschlusses zu ersparen, z. B. in Freiburg, Salzburg und Basel. Am 
wenigsten bedenklich ist es jedenfalls, solche geringe Wassermengen mittels 
Rinnen abzuleiten, wie sie auf Vorbauten, Balkonen u. dgl. entstehen und bei 
welchen es oft unbequem ist, den vollständigen unterirdischen Weg einzu- 
schlagen.!) 
Das Rinnensystem dient ferner in gar manchen Städten noch zum Ableiten 
des Brauchwassers. Zu den obigen Bedenken hinsichtlich des Verkehrs 
treten nun noch solche wegen der Gesundheit und der Aesthetik. Denn während 
durch Regen doch nur solche Schmutzstoffe mitgeschwemmt werden, welche 
ohnedies auf der Erdoberfläche lagen, so kommen nun neue Uneinigkeiten, von 
theilweise schlimmerer Beschaffenheit, hinzu. Wegen ungenügender Wasser- 
menge, namentlich auch bei Frost, entstehen Ablagerungen und aus deren 
Zersetzung Verunreinigungen von Luft und Boden. Nur bei reichlicher 
Durchspülung der Strassenrinnen aus natürlichen Wasserläufen (wie in manchen 
Gebirgsorten) oder aus der Wasserleitung (Paris, Hannover) mag das Brauch- 
wasser am Stehenbleiben, Einsickern und Ablagern verhindert werden; aber 
dies ist meist nur im Sommer möglich und hilft nicht für die Zustände hinter 
den Häusern. Aus letzterem Grunde wird zuweilen verordnet, das Brauchwasser 
aus den Häusern an die Strassenrinnen zu tragen, im Winter sogar bis an ein 
etwaiges Absturzloch in denselben — was Arbeitslast und Unreinlichkeit ver- 
anlasst. Wo regelmässige Spülung unthunlich, dürfte eine Versitzgrube auf 
jedem Grundstück hygienisch nicht schlechter und ästhetisch besser sein, als 
die Benutzung der Strassenrinnen. So werden in Dresden Versitzgruben ver- 
langt, so lange noch nicht ein Abzugskanal vor dem Hause besteht, dagegen 
Auslässe in die Strassenrinnen verboten, in Hannover umgekehrt! 
Wenn sonach Rinnen sich für Brauchwasser in der Regel nicht eignen, so 
würde dies doch nach vorhergegangener Desinfektion zulässig sein und 
selbst für Harn. Zu diesem Ende werden die Brauchwasser entweder an den 
Ausgussbecken desinfizirt, namentlich wo ein Zentralrührapparat vorhanden oder 
aber gemeinsam in einer Filtertonne, welche grobe Unreinigkeiten schon mecha- 
nisch absondert, oder endlich in einer Klärgrube für Exkremente, an deren 
Desinfektionsmasse sie dann ebenfalls Theil nehmen (C VII). Der Ueberschuss 
an desinfizirender Kraft, welcher jedenfalls der Sicherheit wegen in die Rinne 
mitgebracht wird, kann dann noch dem Regenwasser zugute kommen. So be- 
kommt man ein System der Städtereinigung, bei welchem sämmtliche Flüssig- 
1) Deutsche Bauzeitung 1889, 606. 
  
Catan
	        
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