Transport durch pneumatische Röhren. 199
weiter. Die gesammte Operation an einer Strassenröhre soll 2—3 Minuten, an
einem Bezirksreservoir im ganzen 10—20 Minuten dauern, so dass die Exkremente
En aus allen Abtritten einer Stadt füglich jeden Tag entfernt werden können (in
la Holland alle 1—3 Tage).
Alle an eine und dieselbe Strassenröhre angeschlossenen Hausröhren müssen
gleichzeitig leer werden; sonst würde die Luft durch die am frühesten ent-
leerte Hausröhre alsbald in die Strassenröhre gelangen und den ferneren Er-
guss aus den übrigen Hausröhren stören. Diese Forderung wurde früher durch
einen Gummiball (Ballklappe) erfüllt, welche am Fuss jedes Fallrohrs in einer
Erweiterung über einem Syphon auf der exkrementiellen Flüssigkeit schwimmt
(vergl. Fig. 149). Nach dem Absaugen der letzteren sitzt der Ball auf und
hindert das Nachdringen atmosphärischer Luft; hört die Extraktion auf, so be-
ginnt er wieder zu schwimmen. Dieser prinzipiell richtige Apparat ist jedoch
aufgegeben, weil der Verschluss nicht immer sicher eintrat, auch wohl der
Ball sitzen blieb, statt sich wieder zu heben — Folge von Kothresten. Jetzt
wird statt dessen der in Fig. 33 skizzirte Anschluss zwischen den Hausröhren
und der Strassenröhre empfohlen, ein Wassersack, dessen geneigter Schenkel
20—50mal so geräumig wie der senkrechte ist. Aus einem stark gefüllten
sen. | Sack erfolgt der Abfluss in die Strassen-
[I Fig. 33. röhre vermöge grösserer Druckhöhe rascher,
| als aus einem schwach gefüllten; indessen
genügt dieser Unterschied noch nicht, um die
Entleerung aller Hausröhren gleichzeitig zu
vollenden. Gewisse Reste bleiben in den
letzteren, mit Ausnahme der einen am
schwächsten gefüllten, zurück. Da nun die-
Fig. 34. selbe Erscheinung am folgenden Tage wie-
A derkehren wird, so bringt es das Liernur-
System niemals zu einer vollständigen
Leerung des Röhrennetzes — es seien denn
» zufällig die Fäkalmengen in allen ange-
schlossenen Häusern gleich gross.!) Zuver-
lässige Entleerung aller Hausröhren wäre
nur zu erreichen, wenn man jede einzelne
mit Abschlusshahn versieht und eine nach
der anderen mit der Strassenröhre in Verbin-
dung bringt, ähnlich wie es mit der Strassen-
röhren-Gruppe an einem Bezirksreservoir geschieht.
Gegen die Gefahr schädlicher Ausdünstungen, sei es aus jenen Resten, sei
es aus Anhaftungen in den Fallröhren, muss jeder Abtritt einen Wasserver-
zart schluss erhalten und das Abtrittfallrohr über Dach verlängert werden. Weniger
2 | geeignet erscheint es, statt dessen einen Wasserverschluss am Fuss des Fall-
rohrs oder am Ausgang aus dem Hause anzubringen und damit die Gase im
Innern des Röhrennetzes gefangen zu halten, indem dann diejenigen im Fall-
rohr doch in die Abtritte gelangen könnten. Zu vollständigster Ausrüstung
eines Hauses gehören übrigens nach den von Liernur veröffentlichten Zeich-
nungen sogar 3 Syphons, Fig. 34: «a am Fuss des Fallrohr, b am Ausgang des
Hauses, c vor dem Anschluss an das Strassenrohr; dazu kommt in d ein Hand-
schieber für den Fall von Reparaturen.
Bei grossen Anlagen würden die Magistralröhren aus zwei neben einander
liegenden Röhren bestehen, von welchen die eine, „Saugrohr“, zum Erzeugen
des Vakuums in den Reservoirs, die andere, „Speditionsrohr“, zum Transport
a der Exkremente dient, Die letzteren sollen bei grosser Länge der Leitungen
nicht in gleichförmiges Gefälle gelegt werden, weil bei dem Fortschieben von
Fäkalmassen durch die rasch nachstürzende Luft die Flüssigkeit zertheilt werden
und die Luft entweichen könnte, ohne jene ins Zentralreservoir zu schaffen.
Deshalb wird die Leitung in gewissen Entfernungen durch senkrechte Absätze
ua
1) Den mathematischen Beweis hat Verfasser in der Deutschen Bauzeitung 1884, 245 ge-
geben.