Full text: Städtisches Strassenwesen und Städtereinigung (Abtheilung 3, 3. Heft)

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200 Exkremente. 
von 1m Höhe unterbrochen, an deren Fuss die Massen sich jeweils zusammen- 
drängen und somit auch die Luft zur Konzentration zwingen. Der gleiche 
Zweck würde übrigens auch durch Einschalten von Zwischenreservoiren erreicht, 
von denen aus die Bewegung immer wieder von neuem beginnt. 
Wenn man auf die Sammlung an einem Zentralpunkt verzichten will, so 
kann jedes Bezirksreservoir, ja ein einzelnes Haus, ähnlich wie eine Ab- 
trittgrube, durch bewegliche pneumatische Apparate entleert werden. Dann 
fielen Magistralröhren ganz weg. Gegenüber Abtrittsgruben würde man immer- 
hin den Vortheil der täglichen Entleerung und der Freihaltung der Häuser 
von lästigen Operationen haben, auf der andern Seite aber noch den Transport 
von Fasswagen in den Strassen. In Orten, deren Grösse nicht über einen oder 
einige „Bezirke“ hinaus geht, mag dieses Verfahren Beachtung verdienen, wie 
es denn auch bis 1884 in Amsterdam befolgt wurde, wo etwa 30 000 Einwohner 
zu 6 getrennt behandelten Bezirken gehörten, weitere 30000 hausweise von 
temporären Luftpumpen bedient wurden (seither soll das System mehr zentra- 
lisirt sein). 
Ausgeführt ist das Liernur-System in einer Kaserne in Prag, in einigen 
Theilen von Amsterdam, Leyden und Doordrecht. Von Anfang an bestand der 
Abschluss der Abtritte gegen die Röhren noch in einem sog. Kothverschluss 
durch die jeweils zuletzt geleisteten Exkremente. Der betreffende Verschluss 
soll nur 10cm Weite haben, um fremde Gegenstände von dem Röhrennetz fern 
zu halten. Daraus ergiebt sich aber ein ekelhafter Anblick und Geruch, sowie 
die Möglichkeit von Verstopfungen durch Kothmassen im Abtritt und im 
Rohrnetz. Letzteres zeigt sich bei Berechnung der Geschwindigkeit: wenn ein 
%/, Vakuum oder 7,7m Wassersäule auf eine Rohrlänge von 500m (Maximum 
der bisherigen Ausführungen) wirkt, so entspricht das einem Gefälle von 0,015 
und erzeugt in 13cm Röhren eine Geschwindigkeit von 1,1m, während bei stark 
verdünntem Kanalwasser 0,6—1m für erforderlich gehalten werden, um das 
Anhaften klebriger Stoffe zu verhüten. Das Vakuum ist demnach für lange 
Röhren zu schwach. Wenngleich nun in einer einzelner Kaserne die genannten 
Uebelstände unerheblich sein mögen, so haben sie doch in den holländischen 
Städten zum Hinzufügen beträchtlicher Wassermengen geführt, theils um die 
Reinlichkeit in den Abtritten zn befördern, theils um hier ausser den Exkre- 
menten auch Brauchwasser bequem los zu werden. Ueber das gewöhnliche Er- 
gebniss von Abtritten an Exkrementen und Spülwasser, nämlich 1,41 für den 
Kopf und Tag (C I) hinaus gehend, sind in einem Bezirk 51 geliefert, in ein- 
zelnen Häusern sogar noch mehr; der Durchschnitt aller holländischen Anlagen 
betrug in einigen Jahrgängen 2,4—2,8 1. Deshalb soll jetzt als Norm ein 
Wasserkloset gelten (in Amsterdam schon stark verbreitet), dabei jedoch 
die verbrauchte Wassermenge durch geeignete Einrichtungen eingeschränkt 
werden, um die Verwerthung der Dungstoffe nicht mehr als nöthig zu erschweren, 
etwa auf 4-51 für 1 Kopf und Tag, so dass man in Zukunft als Ergebniss 
der pneumatischen Röhren 5—61 wird rechnen müssen.!) 
Die Entfernung der Exkremente durch pneumatische Röhren gewährt grosse 
Sicherheit gegen Verunreinigung von Boden und Luft. Die Eisenkonstruktion 
schützt den Boden vor Verunreinigung (auch bei unvermeidlichen Undichtig- 
keiten, welche nur Arbeitsverlust ergeben); die in den Leitungen befindlichen 
Krankheitskeime werden nach den Reservoirs mit angesogen und verbrannt, in- 
dem die extrahirte Luft der Kesselfeuerung zugeht. So zweckmässig demnach 
das Prinzip dieses Systems erscheint, so fehlt es doch noch an Erfahrungen in 
grossem Umfang über die immerhin komplizirten Einrichtungen. Unsicher 
ist auch der Kostenpunkt. In Amsterdam stellte sich der Transport für 1 Kopf 
!) Liernur, Rationelle Städteentwässerung, 8.48, 76, 192. Ueber die Veranlassungen zum 
Herstellen von Kothverschlüssen und zum spätern Uebergehen auf eigentliche Wasserverschlüsse 
ist viel gestritten worden, was aber nicht hierher gehört. Dass Wasserzusatz zum Reinhalten 
der Röhren vortheilhaft ist, scheint dem Verfasser in der Natur der Sache zu liegen. Wenn 
der Amsterdamer Magistrat (auf Anfrage des Geh. Raths Dr. A. Schultz in Berlin) behauptet, 
dass Verdünnung gleichgültig sei, so ist das eine zu weit gehende Folgerung aus der an sich 
unbestreitbaren Thatsache, dass die Entleerung mässiger Röhrenlängen auch ohne Verdünnung 
gelungen ist. Exakte vergleichende Beobachtungen über die Wirkungen von Wasserzusatz 
und von Röhrenlänge hat man noch nicht angestellt. : 
  
  
 
	        
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