Full text: Städtisches Strassenwesen und Städtereinigung (Abtheilung 3, 3. Heft)

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hügelige Terrain die Verlegenheit des Absatzes sich besonders fühlbar machte. 
Teten Auf einem „Fäkalbahnhof“ entleeren sich die Fasswagen mittelst Röhren in die 
s tiefer stehenden Eisenbahnwaggons, von welchen jeder 3 Holzfässer von 3 ebm 
tloch Inhalt trägt. An den Empfangsstationen können die Konsumenten den Stoff 
unmittelbar in ihre etwas tiefer aufgestellten Pfuhlwagen abzapfen ; mehrfach sind . 
aber dort wiederum Sammelgruben angelegt, um Angebote und Nachfrage aus- 
zugleichen. Wo die Geländeverhältnisse nicht die Anlage einer Grube neben 
dem Bahnhof mit passendem Höhenunterschied gestatteten, tritt dann noch 
ein Zwischentransport zwischen Bahnhof und Grube ein, und schliesslich 
der Gebrauch einer Pumpe zum Füllen der Pfuhlwagen. Das wiederholte Um- 
füllen erklärt sich durch das hügelige Terrain, sowohl in Stuttgart als auf dem 
Lande, welches den Wagentransport grosser Fässer verhindert, während es 
andererseits unpraktisch befunden wurde, einen Eisenbahnwagen mit zahlreichen 
kleinen Fässern zu beladen. In ebener Gegend sollte füglich ein und dasselbe 
Fass von der Abtrittsgrube in der Stadt bis zur Sammelgrube auf dem Lande 
gelangen können. 
Etwas abweichend sind die Eisenbahntransporte in München, Dresden und 
Leipzig eingerichtet. Um das Taragewicht möglichst zu verringern, trägt jeder 
Eisenbahnwagen nur einen Behälter bis zu 10 ebm Inhalt, theils in zylindrischer, 
theils in rechteckiger Form. Die Stadtfässer werden dahinein durch denselben 
pneumatischen Apparat entleert, welcher sie vorher aus den Abtrittsgruben ge- 
füllt hatte. 
Der Eisenbahntransport von Jauche geht in den genannten Städten schon 
auf Entfernungen von 70—90 km und umfasst in Stuttgart schon über die Hälfte 
des jährlichen Erzeugnisse. 
Der finanzielle Erlös bei unmittelbarem Verkauf der Exkremente hängt 
ab von dem Zustande der Masse (Verdünnung und Zersetzung), von den er- 
forderlichen Transportlängen zwischen Verkaufsstelle und Feld, von der Kon- 
kurrenz der Konsumenten unter sich, von deren Ansicht hinsichtlich künst- 
> licher Dungstoffe. Deshalb wechselt der Preis der Grubenjauche für 1ebm { 
loko Sammelgrube unter verschiedenen Orten zwischen 1,4 und 6 4, letzteres | 
theilweise bei Strassburg und Stuttgart. 
Wo der Bauer das gefüllte Fass schon in der Stadt abholt, zahlt er natür- 
lich weniger, z. B. in Strassburg 4, in Mainz 2,8 M., desgleichen wenn er 
seinen Pfuhlwagen direkt aus dem Eisenbahn-Waggon füllen lässt, z. B. in 
würtemb. Landorten 3—4,6 M.; mehr dagegen, wo er sich die Jauche durch 
den Unternehmer aufs Feld bringen lässt, z. B. bei Mainz 7 M. 
Der Erlös von Tonneninhalt ist im allgemeinen nicht höher als vorstehende 
Zahlen (Maxima in Görlitz 5, Rostock 6 4), obgleich er wegen frischeren Zu- 
standes besseren Werth besitzt. Allein es ist eben nicht jederzeit sofortige 
Verwendung zu erreichen und deshalb Aufbewahrung erforderlich, bei welcher 
durch Zersetzung der Werth sinkt. 
Bei dem Ergebniss pneumatischer Röhren ist einerseits der frische 
Zustand, anderseits aber die beträchtliche Wasserverdüngung von Einfluss auf 
den Preis. In Holland werden 1,5—5 M. für 1ebm bezahlt, d. i. die Hälfte 
von dem Erlöss aus Tonneninhalt daselbst.2) Mit deutschen Preisen lassen sich 
diese Ziffern wegen anderer landwirthschaftlicher Verhältnisse nicht vergleichen‘; 
doch soll es selbst dort oft an Abnehmern fehlen. 
mer Das Feilbieten von Fäkalien ist unstreitig mit Risiko verknüpft, an manchen 
Orten werden sie bei Mangel an Absatz ins Wasser geschüttet (Graz, Amster- 
en | dam, Paris), um sie nicht aufbewahren zu müssen und eben damit noch werth- 
: loser zu machen, Dass eine Stadt sich entschliesst, selbst gewöhnlichen Acker- 
a bau zu treiben und eventuell Land zu diesem Zweck anzukaufen, um stets ihre 
Exkremente unterbringen zu können — wie empfohlen worden ist — dürfte 
bei dem ungeheuren Geschäftsumfang kaum zur Thatsache werden. Höchstens 
möchte sie die Verpachtung etwaigen städtischen Feldeigenthums an die Be- 
dingung knüpfen, dass der Pächter gewisse Mengen der Fäkalstoffe zu gewissen 
Zeiten kaufen muss. : 
1) Deutsche Bauzeitung 1881, 195. 
Ruth 
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
 
	        
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